Aus editorischer Sicht ist das dritte gewissermaßen das unglücklichste aller beethovenschen Klavierkonzerte, ist es doch das einzige, zu dem wir über kein Autograph der Solostimme mehr verfügen. Die handschriftliche Partitur ist in der Staatsbibliothek zu Berlin erhalten, aber nur der Orchestersatz darin ist endgültig. Der Klavierpart enthält einige von Beethovens ersten Ideen, dies aber oft ohne Anzeichen einer Revision im Blick auf die Endfassung. Als er das Werk später für den Druck vorbereitete, benutzte er das Autograph fast wie ein Skizzenbuch, worin er mit vielen verschiedenen Gedanken spielt, von denen die letzten manchmal dem nahekommen, was er dann veröffentlichte. Kaum etwas jedoch kann als endgültig aufgefasst werden. Angaben zu Artikulation, Dynamik und Pedalgebrauch fehlen durchweg. Für den Solopart sind wir auf den Erstdruck von 1804 angewiesen. Ganz sicher investierte Beethoven dafür eine große Anstrengung, denn der Druck ist von einer eindrucksvollen Genauigkeit. Die Plattenkorrekturen legen Zeugnis von der Sorgfalt ab, mit der Bindebögen und Pedalanweisungen eingesetzt wurden, um konsequent und eindeutig zu sein.
Wie immer bei Beethoven, enthüllt eine genaue Untersuchung des Autographs Bindebögen, dynamische Angaben und sogar ganze Noten, die bisher übersehen wurden. So wurde ein Dutzend falscher Noten zum ersten Mal seit Beethovens Tod korrigiert. Ein umstrittenes Element in den jüngsten Urtext-Ausgaben war die Hinzufügung von zwei Paukenstellen im ersten Satz, die zuvor fehlten. Nun kann bewiesen werden, dass sie unzweifelhaft im Autograph standen, dass Beethoven sie aber vor der Veröffentlichung herausgenommen hatte. Die alte Breitkopf-Ausgabe war immer korrekt.
Obwohl einige Probleme in der neuen Ausgabe beseitigt werden konnten, werden andere immer als Abwägungsfrage bestehen bleiben, deren Lösung auch anders ausfallen könnte. Der Kritische Bericht listet diese Fälle auf, bei denen Beethovens letzte Absicht nicht zweifelsfrei zu rekonstruieren ist, so dass Interpreten die Möglichkeiten haben auszuwählen, was sie bevorzugen.
Jonathan Del Mar
(Übersetzung: Johannes Mundry)
(aus [t]akte 1/2014)