Der französische Komponist Yann Robin wurde 1974 geboren. Er gehört zu den Tonschöpfern, die mit Zyklen arbeiten. Ein Stück mag zu Beginn nicht als Serie gedacht sein; es kann jedoch das erste einer solchen werden und eine Suche rund um die Themen Form, Klang und Materie in Gang bringen.
Oft steht am Anfang die Begegnung mit einem Musiker. Seit zwanzig Jahren arbeitet Yann Robin mit dem Ensemble intercontemporain und dessen Solisten zusammen und konzipiert Stücke und Zyklen für sie und mit ihnen. Jeder Austausch, jedes Nachforschen wird als Gelegenheit genutzt, instrumentale Potenziale und ungeahnte Möglichkeiten zu entdecken und die Grenzen der Tonlagen zu verschieben. Mit Klängen spielen und gerade die verwenden, von denen man noch vor Kurzem abgelassen hätte. Das Feld der Optionen im instrumentalen Bereich erweitern, um dann das orchestrale Material anzureichern.
Robin überträgt seine „Trouvaillen“ von einem Instrument auf ein Ensemble und auf Elektronik und lässt das Ganze in Werken von größerem Ausmaß zusammenwirken.
Im Laufe der Jahre konnte das Ergebnis dieser Arbeit gehört werden: in „Chaostika“ für Schlagzeug und Elektronik mit Gilles Durot; in „Art of Metal I“ für Kontrabassklarinette und Ensemble, „Art of Metal II“ mit Elektronik, gefolgt von „Art of Metal III“ mit Kontrabassklarinette, Elektronik und Ensemble mit Alain Billard.
Diese Arbeit war erfolgreich, und so setzte Robin sie mit Nicolas Crosse und dessen Kontrabass fort, wodurch ein neuer Zyklus entstand: „Symétriades“ für Kontrabass und Elektronik, „Asymétriades“ für Kontrabass und Ensemble, „Symétriades-Extension“ für Kontrabass, Elektronik und Video, „Myst“ für Solokontrabass, „Triades“ für Kontrabass, Ensemble und Elektronik.
Zu erwähnen sind auch andere Zyklen, die etwa das Violoncello, die Trompete oder, wie kürzlich, das Horn in den Mittelpunkt stellen. Und in Robins letzten entstandenen Konzerten, den Doppelgänger „concertos I et II“, zeigt sich ein weiteres formales Verfahren, handelt es sich doch um eine ausgedehntere Klangkonstruktion, wo Solist oder Solisten vor und im Ensemble neue Tiefen und Perspektiven erzeugen.
Neben seinen Erkundungen im Instrumentalen widmet sich Robin auch der Arbeit im vokalen Bereich. Mit seinem Monodrama „Le Papillon noir“ für eine Sängerschauspielerin, gemischtes Vokalensemble, Instrumentalensemble und Elektronik begann er, die Einsatzmöglichkeiten der Singstimme auszuloten. Solostimmen, Chorstimmen, gesprochene, gesungene, skandierte und geräusperte Töne sowie außereuropäische Gesangstechniken bieten ganz neue Ansätze. Robin manipuliert die Klänge, aber auch die Texte.
Diese verschiedenen Verfahrensweisen ließen die Idee einer monumentalen Komposition aufkommen, worin alles vereinigt werden sollte. So entstand das Orchesterwerk „Monumenta I“, das 2013 uraufgeführt wurde.
Ermöglicht wird das Projekt des „Monumentalen“ mittels der spektakulären Architektur und des enormen Klangpotenzials eines Symphonieorchesters. Diese Klangfabrik, die Robin gern in extremer Weise aufteilt, inspirierte zu „Monumenta II“, worin zusätzlich Chor, Gesangssolisten, Orgel und zwei Klaviere vorgesehen sind. Auch hier wird aus den verschiedenen Versuchen der letzten Jahre Nutzen gezogen: Klavieretüden, Vorlage für zwei Klaviersoli im großen „Requiem Aeternam – Monumenta II“, „Fünf Etudes sacrées“ für sechs gemischte Stimmen a cappella über die lateinischen Texte der Totenmesse usw.
Alles erfordert ein Modell, alles ist Modell, alles wird Modell.
Was auf diese großartige Arbeit folgt? Yann Robin schwebt ein Concerto grosso vor, eine neue Schöpfung, die alle diese Solisten zusammenbringt.
Und warum nicht eine Oper?
Valérie Alric (Éditions Henry Lemoine)
(aus [t]akte 1/2024)
Übersetzung: Irene Weber-Froboese)