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Robert Walser trifft Lenin. Die Oper „Die Formel“ von Torsten Rasch

Foto: Berühmtheiten im Wartestand. Torsten Raschs „Die Formel“ in Bern (Foto: Philipp Zinniker)

Torsten Rasch
Die Formel. Text: Doris Reckewell

Uraufführung: 2.3.2018, Bern Stadttheater, Came-
rata Bern, Leitung: Jonathan Stockhammer,
Vokalensemble ardent, Inszenierung: Gerd Heinz

Besetzung: Mileva (Sopran), Nadezhda (Sopran), Lilly (Mezzosopran), Walser (Bariton) – Chor, KinderchorOrchester: Schlg (3), Cymbalon (= Schlg 3) – Akk – Str

Verlag: Faber Music, Vertrieb: Bärenreiter · Alkor

Im Jahr 2018, ein Jahrhundert nach Ende des Ersten Weltkriegs und der Oktoberrevolution, führte das Konzerttheater Bern Die Formel auf, ein anspruchsvolles, interdisziplinäres Werk für Sänger, Schauspieler und Orchester mit Musik von Torsten Rasch. Das 120-minütige Werk nach einem Text von Doris Reckewell nimmt Berns wichtige Rolle als neutrale Durchgangsstation auf und konstruiert ein Treffen von sieben der wichtigsten kulturellen Figuren des 20. Jahrhunderts: Der revolutionäre Verbannte Lenin mit seiner Frau, die emanzipierte Sozialpädagogin Nadeshda Krupskaja; der noch unbekannte Physiker Albert Einstein und seine Frau Mileva Marić, der Künstler Paul Klee und seine Frau, die Pianistin Lily und der junge, entwurzelte Dichter Robert Walser. Jonathan Stockhammer dirigierte die Camerata Bern und das Vokalensemble ardent in einer Inszenierung von Gerd Heinz.

Raschs sparsame und stimmungsvolle Partitur – die markante Rollen für Zymbal und Akkordeon neben Streichern und Schlagwerk bietet – setzt neben einem vollendet geschriebenen Solistenquartett etliche imposante Chöre ein, die das Werk akzentuieren. Reckewells dramatisches Konzept ist gleichermaßen fesselnd und vielschichtig und bricht den erzählerischen Fluss mit „Zeitfenstern“ und Traumszenen. An einer Stelle schaut das Drama mithilfe eines Kinderchores, der ein japanisches Kinderlied singt, auf die Hiroshima-Katastrophe voraus.

Der einzigartige, expressive Aufbau seiner Musik – seine Gewandtheit, seine Sicherheit im größten Maßstab und seine frappierende Fähigkeit, eine lebendige und persönliche Klangwelt um die Geister anderer zu spinnen – macht Rasch zu einem geborenen Bühnenkomponisten. 2007 arbeitete er zusammen mit der Schauspielerin Katharina Thalbach ein Theaterstück ihres verstorbenen Partners, des ostdeutschen, regimekritischen Schriftstellers Thomas Brasch, in seine erste Oper Rotter um. Ein zweites Musiktheaterwerk wurde von der English National Opera in Auftrag gegeben und 2010 in einem leerstehenden Bürogebäude in den Londoner Docklands uraufgeführt. Dabei vereinten sich Raschs Kräfte mit denen der radikalen Theatertruppe Punchdrunk für eine eindringliche Adaptierung von John Websters The Duchess of Malfi. Die Oper Chemnitz präsentierte 2013 eine Neuinszenierung. Aktuelle Projekte sind Werke für den RIAS Kammerchor und die Semperoper in Dresden.

Faber Music
(aus „[t]akte“ 1/2019)

 

Pressestimmen

„Raschs spröder und zugleich affektbetonter Klangteppich gibt der Sprache eine fast schmerzhafte klangkörperliche Präsenz und jene emotionale Dimension, die dem bloßen Sprechen dieser Figuren verwehrt bleibt. Und die fantastisch miteinander verwobenen Worte werden von der Musik nicht nur begleitet und untermalt, sondern in einer Klangwolke von Dissonanzen förmlich zerpflückt. Dieses ,Mysterienspiel‘ um Ideen, Erkenntnis, Realität und Verlogenheit des Systemdenkens ist ein Gesamtkunstwerk im besten Sinne …“
Cornelie Ueding, Deutschlandradio Kultur, 4.3.2018

Die von Torsten Rasch komponierte Musik bettet das Werk in dissonante und düstere Klänge ein. Wie die Figuren wabern sie suchend umher, bleiben oft im Ungefähren. Hin und wieder tauchen wie Geistesblitze bekannte Motive auf, erinnern etwa entfernt an Tango, um gleich wieder im Klangrausch zu verschwinden. ,Die Formel‘ ist in Bern also in guter Form: als kurzweiliges Musiktheater mit starken Bildern, das – dank der vielen gesprochenen Passagen – auch für jene geeignet ist, die modernen Opernklängen bisher nicht viel abgewinnen konnten.“   
Maria Künzli, Berner Zeitung, 5.3.2018

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