Mit der Neuen Anton Bruckner Gesamtausgabe kündigt der Musikwissenschaftliche Verlag Wien eine komplett neu herausgegebene Gesamtausgabe der Werke Bruckners an.
Die Gesamtausgabe der Werke von Anton Bruckner steht mittlerweile in einer über 80-jährigen Tradition. Ein Pionierwerk zum Anfang, stand sie zunächst unter der Editionsleitung von Robert Haas. Von 1934 bis 1944 edierte er unter der Mitarbeit von Alfred Orel einen Großteil der Symphonien und Messen. Nach der Zerstörung des Verlagsbestandes im Zweiten Weltkrieg übernahm Leopold Nowak die Editionsleitung, stellte die Ausgabe auf eine neue Basis und gab bis 1989 nahezu das gesamte Werk Bruckners neu heraus – es ist sein Verdienst, dass das charakteristische Erscheinungsbild der „blauen Bände“ internationalen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Nachdem sich Nowak von der Arbeit an der Gesamtausgabe zurückgezogen hatte, wurden die noch ausstehenden Notenbände und ein Großteil der Revisionsberichte von renommierten Bruckner-Forschern fertiggestellt. Im Zuge dieser Arbeiten wurden bis in allerjüngste Zeit an den Bänden Revisionen im Abgleich mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen durchgeführt, wobei in den letzten Jahren von Seiten der Forschung in zunehmendem Ausmaß auf die Notwendigkeit hingewiesen wurde, dass die mittlerweile herangereifte Ausgabe auf eine neue, einheitliche und auf zeitgemäßen Editionsrichtlinien basierende Grundlage gestellt werden müsste.
Um nun über 30 Jahre intensiver Bruckner-Forschung in das Langzeitunternehmen Gesamtausgabe einzubinden, hat sich der Musikwissenschaftliche Verlag entschlossen, das Gesamtwerk Bruckners im Rahmen der Neuen Anton Bruckner Gesamtausgabe komplett neu herauszugeben. Alle Ausgaben werden auf den aktuellen Stand der Forschung gebracht und erhalten ein einheitliches Erscheinungsbild.
Dem ehrgeizigen Unternehmen kommt die jahrzehntelange Erfahrung mit der Herausgabe von Werken Bruckners zugute. Ein aus Bruckner-Experten und editorisch versierten Fachleuten gebildetes Editionsleitungsteam erarbeitet einheitliche Editionsrichtlinien nach modernen Standards. Die einzelnen Bände werden von international renommierten Bruckner-Spezialisten ediert.
Die Wiedergabe des authentischen Notentexts hat oberste Priorität, wobei nun auch neueste Quellenfunde eingearbeitet werden. Alle Bände erscheinen als Vollpartitur, sowohl als großformatige Dirigierpartituren als auch im Studienpartiturformat. Dazu wird es ein damit abgeglichenes Aufführungsmaterial (Vertrieb: Bärenreiter · Alkor) leihweise geben. Gleichzeitig sollen die Ausgaben in verstärktem Ausmaß aufführungspraktische Aspekte berücksichtigen, wobei die Nachvollziehbarkeit allenfalls notwendiger editorischer Zusätze für den Benutzer ein wesentliches Kriterium darstellt. Jeder Band enthält ein ausführliches Vorwort mit Quellenangaben, Informationen zu Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte sowie gegebenenfalls aufführungspraktische Hinweise. Ein ebenfalls in jedem Band direkt abgedruckter Editionsbericht in Übersichtsform bietet dem Benutzer auf einen Blick die wesentlichen philologischen Informationen wie unterschiedliche Lesarten der verwendeten Quellen oder allenfalls erforderliche editorische Eingriffe. Um Interessenten international anzusprechen, werden alle Texte auf Deutsch und Englisch abgedruckt. Darüber hinaus ist geplant, ergänzende und weiterführende Informationen zu den einzelnen Bänden im Internet anzubieten. Der erste Band der Neuen Anton Bruckner Gesamtausgabe wird voraussichtlich Ende 2013 erscheinen.
Parallel zur Neuen Anton Bruckner Gesamtausgabe werden auch die „blauen Bände“ der bisherigen Anton Bruckner Gesamtausgabe in allen Ausgabeformen erhältlich sein, um eine Wahlmöglichkeit zu bieten und eine größtmögliche Vielfalt des Angebots zu sichern.
Das Unternehmen Neuen Anton Bruckner Gesamtausgabe wird von der Internationalen Bruckner-Gesellschaft sowie der Österreichischen Nationalbibliothek unterstützt und steht unter der Patronanz der Wiener Philharmoniker.
Angela Pachovsky