Logo: takte
Das Bärenreiter Magazin
  • Portrait
  • Musiktheater
  • Orchester
  • Zeitg. Musik
  • Gesamtausgaben
  • Publikationen
  • Termine
  • Kontakt

English switch to english

Händel in Neapel

Nicolas Poussin: Acis und Galatea (1630), National Gallery of Art Dublin

Georg Friedrich Händel
Aci, Galatea e Polifemo. Serenata a tre HWV 72
Libretto von Nicola Giuvo
Hrsg. von Wolfram Windszus unter Mitarbeit von Annerose Koch und Annette Landgraf (Hallische Händel-Ausgabe I/5)
Erste Aufführung nach der Neuedition: 5./6.2.2011 Berlin (Schillertheater), Akademie für Alte Musik, René Jacobs
Personen: Aci (Sopran), Galatea (Alt), Polifemo (Bass)
Instrumente: Flauto dolce, Oboe, Tromba I, II, Violino I, II, Viola, Bassi, Basso continuo
Verlag: Bärenreiter. Aufführungsmaterial leihweise

Auf seiner Italienreise hat Händel neben geistlichen Kompositionen für Rom auch eine weltliche Serenata für Neapel geschrieben: „Aci, Galatea e Polifemo“, die grausame ovidsche Geschichte um den verschmähten Zyklopen Polyphem und seine Angebetete Acis.

Das Libretto zu Aci, Galatea e Polifemo basiert auf Ovids Metamorphosen (XIII, 738–897) und handelt von der Liebe zwischen der Meernymphe Galatea und dem Schäfer Acis, die von dem Zyklopen Polyphem zerstört wird. Der Zyklop hatte mit Drohungen und Versprechungen um Galatea geworben. Sie blieb jedoch ihrem geliebten Acis treu und wies das Ungeheuer zurück. Polyphem erschlug in eifersüchtiger Wut den jungen Hirten mit einem Felsbrocken, und Galatea verwandelte sein Blut in einen Fluss, so dass die Liebenden ewig im Wasser vereint sein konnten.

Händels Musik untermalt die Charaktere der Figuren treffsicher, besonders auffallend ist die Partie des Polifemo, und schon hier begegnet man durchweg der auffallenden Tonmalerei, wie beispielsweise in Acis Arie „Qui l’augel da pianta in pianta“. Das Werk im italienischen Stil besteht nur aus Da-capo-Arien, Rezitativen und einigen Ensembleszenen; Chöre und reine Instrumentalstücke gibt es hier nicht.

Die Serenata war vermutlich ein Auftragswerk für die bevorstehende Hochzeit zwischen dem damaligen Herzog d’Alvito, Tolomeo Saverio Gallio, und Beatrice di Montemiletto, Principessa d’Acaja am 19. Juli 1708 in Neapel. Ein Indiz dafür ist Händels Vermerk „d’Alvito“ am Schluss seines Autographs. Der Hinweis auf die Auftraggeberin Donna Aurora Sanseverino Duchessa di Laurenzana, die Tante der Braut, stammt von John Mainwaring. Die rätselhafte Namensangabe „Donna Laura“ wird von Vitali und Furnari (Göttinger Händel-Beiträge IV, Kassel 1991, S. 41ff.) auf das nachlassende Gedächtnis des alternden Händel oder auf ein Missverständnis von Seiten Mainwarings zurückgeführt. Ebenfalls für Aurora Sanseverino als Auftraggeberin spricht u. a. die Anspielung im Eingangsduett: „Sorge il dì, spunta l’aurora“. Die Duchessa di Laurenzana hatte die Prinzessin aufgenommen und sich später auch um die Hochzeitsvorbereitungen für ihre Nichte gekümmert.

Händel beendete die Komposition am 16. Juni 1708 in Neapel. Er benutzte römisches Papier, das bedeutet, dass er schon in Rom mit der Komposition begonnen haben könnte. Die Aufführung der Serenata fand vermutlich im Palazzo d’Alvito in Chiaia am Hochzeitstag selbst oder in der folgenden Woche statt. Als weiterer Aufführungsort käme noch der Palazzo Gaetani di Laurenzana in Neapel in Frage.

Nachdem Händel Italien schon verlassen hatte, fand eine weitere Aufführung der Serenata am 9. Dezember 1711 im großen Saal des Palazzo Laurenzana in Piedimonte unter dem Titel La Galatea zu den Hochzeitsfeierlichkeiten des Sohnes von Aurora Sanseverino, Pasquale d’Alife, und Marie-Magdalene de Croy statt. Eine drittes Mal wurde das Werk unter dem Titel Polifemo, Galatea ed Aci am 26. Juli 1713 im Palazzo Reale gespielt, zum Namenstag der Gräfin Anne von Daun, der vierjährigen Tochter des Grafen Wirich Phillipp Lorenz von Daun, des vierten österreichischen Vizekönigs von Neapel. Händel selbst griff 1718 (Acis and Galatea, Masque, HWV 49a) und 1732 (Acis and Galatea, Serenata, HWV 49b) noch einmal auf das Sujet zurück.

Das Autograph ist die einzige vollständig überlieferte Handschrift und die Primärquelle für den neuen Band der Hallischen Händel-Ausgabe.

Im Autograph werden ausdrücklich zwei Violoncelli-Soli (Nr. 14), der Kontrabass (Violone grosso in Nr. 12) und das Cembalo als Bestandteile der Bassi-Gruppe erwähnt. Während in der Partie der Galatea nur ein Tonumfang von a bis e3 bei großer Beweglichkeit der Stimme verlangt wird, muss der Interpret des Polifemo einen Tonumfang von D bis a1 haben und im Extremfall Sprünge von zweieinhalb Oktaven ausführen können. In Neapel hat demnach ein ausgezeichneter Sänger zur Verfügung gestanden.                         

Annette Landgraf
aus [t]akte 2/2010

zurück

English switch to english

Gesamtausgaben

Liebe und Freiheit. Cavallis Oper „Scipione Affricano“ in einer neuen Edition
Reicher denn je. Rameaus „Zoroastre“ in der Fassung von 1756
Das Ende eines Fluches - Die Neuausgabe von Rameaus „Les Boréades“
„Gebet für die Heimat“ - Bohuslav Martinůs „Feldmesse“ im Urtext
„Leonora ossia L’amor conjugale“ von Ferdinando Paër
Weniger „Merveilleux“, mehr Erfolg – Rameaus „Dardanus“
Ein Heerführer zwischen zwei Frauen. Händels Oper „Alessandro“
Geläuterte Schönheit. Händels erstes Oratorium in der Hallischen Händel-Ausgabe
Die symphonischen Dichtungen von Camille Saint-Saëns
Sängerische Herausforderung damals wie heute. Glucks „Atto di Bauci e Filemone“
Georg Friedrich Händels „Fernando“ in Halle
Arkadien atmet auf. Händels „Il pastor fido“ in der Hallischen Händel-Ausgabe
Meisterhafte Rollencharakterisierungen. Händels „Giulio Cesare“
Versöhnt: französischer und italienischer Stil. Rameaus „Les Paladins“
Tragikomischer Despot. Cavallis Oper „Il Xerse“ in neuer Edition
ImpressumDatenschutz