Unter den geistlichen Werken Händels zählt das „Te Deum“ für James Brydges auf Cannons zu den weniger bekannten. Nun ermöglicht die Edition in der Gesamtausgabe wieder authentische Aufführungen.
Die neue Edition von Friedrich Händels Te Deum in B-Dur HWV 281, das in der Hallischen Händel-Ausgabe III/7 erscheint, wird Wissenschaftlern, Interpreten und Musikliebhabern ein wichtiges, aber unbekanntes Werk verfügbar machen. Es wurde 1718 für die Kapelle von James Brydges, damals Graf von Carnarvon und später Herzog von Chandos, komponiert und auf Brydges‘ Landsitz Cannons, von dem es seinen Beinamen „Cannons“ erhielt, erstmals aufgeführt. In den folgenden 300 Jahren gab es nur wenige Aufführungen, was hauptsächlich seiner ungewöhnlichen Besetzung zuzuschreiben ist, die unter anderem zwei Violinen, aber keine Viola, eine Trompete nur in einem einzigen Satz und ein Vokalensemble aus Sopran, drei Tenören und Bass vorsieht. Diese schmale Aufführungstradition sollte sich mit Veröffentlichung der neuen Ausgabe verbreitern, für die Bärenreiter auch Klavierauszug und Aufführungsmaterial herausbringt.
Die Herausgabe dieses Werkes war unkompliziert. Die autographe Partitur ist vollständig erhalten, der Notentext im Allgemeinen deutlich. Schwierige Passagen wurden mit der Hilfe von Annette Landgraf von der Redaktion der Hallischen Händel-Ausgabe entziffert. Da das Te Deum für Cannons kein weiteres Mal unter der Leitung des Komponisten aufgeführt wurde, gibt es keine späteren Revisionen und Überarbeitungen zu beachten.
In erster Linie bestand die Herausforderung darin, eine kritische Ausgabe zur Verfügung zu stellen, die auch für Interpreten hilfreich ist. Dabei wurde das Augenmerk auf zwei Punkte gerichtet. Der erste hat mit der instrumentalen Basslinie zu tun, die im Autograph mit „Contin:“ bezeichnet ist, während eine Instrumentenangabe fehlt. Anderweitige Quellen belegen, dass mindestens ein Cellist an der Uraufführung beteiligt war. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass auch ein Kontrabass und ein Fagott verwendet worden sein könnten. Ein handschriftlicher Stimmenauszug mit der Aufschrift „Contrabasso“, der kurz nach der Uraufführung entstand und offenbar für die Bibliothek auf Cannons vorgesehen war, wurde als Grundlage für Angaben des Herausgebers zu seinem Gebrauch herangezogen, die in der Partitur der HHA enthalten sind. Vorschläge zur Verwendung eines Fagotts sind dem Vorwort zu entnehmen.
Die zweite Frage ist, wie moderne Aufführungen mit Chor zu ermöglichen sind. Auf Cannons wurde jeder Vokalpart höchstwahrscheinlich von einem einzelnen Sänger gesungen – auch wenn es möglicherweise bis zu drei Knaben für den Sopran gab. Händels „Solo“-Angaben in einzelnen Stimmen sollten den Sängern wohl anzeigen, dass sie dort entweder allein oder in reduzierter Ensemblebesetzung sangen. Glücklicherweise sind Händels „Solo“-Bezeichnungen sehr zweckmäßig, wenn mehr Sänger zur Verfügung stehen. In der Edition der HHA erscheint die Herausgeberangabe „Chorus“ dort, wo das gesamte fünfstimmige Ensemble singt, unabhängig davon, wie viele Sänger es umfasst.
Graydon Beeks
(aus [t]akte 1/2018)