Eine verwirrende Handlung mit glücklichem Ausgang – das ist Barockoper, das ist Händel. So auch „Arianna in Creta“. Darin bieten sich auf der Basis der Hallischen Händel-Ausgabe vielfältige Möglichkeiten für die Bühne.
Arianna in Creta war die letzte Oper, die Händel für die Second Academy schrieb. Das Konkurrenzunternehmen, die Opera of the Nobility, führte am 29. Dezember 1733 Arianna in Nasso (Libretto Paolo Rolli) im Theater in Lincoln’s Inn Fields unter der Leitung von Nicola Porpora auf. Die Uraufführung von Händels Oper fand am 26. Januar 1734 im King’s Theatre am Haymarket statt.
Die Rolle des Teseo hatte er für seinen neuen Kastraten Giovanni Carestini geschrieben, den er 1729 in Rom gehört hatte. Er traf jedoch erst im Herbst 1733 in London ein, nachdem Händel die Komposition fertig hatte. Carestinis Stimme war tiefer geworden, so dass Händel fast alle Arien seiner Partie nach unten transponieren musste. Außerdem beanspruchte der Star mehr Arien. Das zog umfangreiche Änderungen der Urfassung nach sich. Carestini erhielt sieben Arien und zwei Duette, dafür wurde die Partie des Alceste um eine Arie auf vier gekürzt. Besondere Höhepunkte der Oper sind die glänzende Arie „Qual leon“ mit Hörnern (Akt II, Szene IV), komponiert für Margherita Durastanti, und die Gleichnisarie „Son qual stanco pellegrino“ (II, XIII) mit dem wunderbaren Wechselspiel von Singstimme und Violoncello solo, geschrieben für Carlo Scalzi und den Cellisten Francisco Caporale.
In der Spielzeit 1733/34 war Arianna mit 16 Aufführungen das meistgespielte Werk.
Das von einem anonymen Dichter verfasste Libretto basiert auf mindestens zwei Bearbeitungen (1721 und 1729), die auf Pietro Pariatis Libretto zu Teseo in Creta (1715) zurückgehen.
Athen war mit König Minos von Kreta verfeindet. Die Athener töteten erst Androgeos, den Sohn des Minos, anschließend entführte ihr Verbündeter Archeus, Fürst von Theben, die neugeborene Tochter des Minos und zog sie unter dem Namen Arianna als seine Tochter auf.
Daraufhin führte Kreta Krieg gegen die Athener, deren Armee völlig aufgerieben wurde. Minos schloss Frieden unter der Bedingung, dass Athen alle sieben Jahre einen Tribut von sieben Jünglingen nach Kreta schicken muss, die in den Spielen zu Ehren des Androgeos sterben werden, und sieben Jungfrauen, die dem Minotaurus vorgeworfen werden sollten. Dieser Vertrag sollte so lange gelten, bis ein Jüngling den Minotaurus überwindet, den Weg durch das Labyrinth findet und den General Tauride besiegt. Arianna wird von Minos als Pfand festgehalten.
Die Oper beginnt mit der Ankunft der Opfer unter der Führung von Teseo, der Arianna gewinnen möchte, indem er die Bedingung für die Beendigung des Vertrages erfüllt. Die Jungfrau Carilda verliebt sich in Teseo, die aber wiederum schon lange von Alceste geliebt und außerdem sofort nach ihrer Ankunft von Tauride begehrt wird. Arianna lehnt es ab, dass Teseo kämpft und wirft ihm mangelnde Liebe vor. Alceste zieht das Los für das erste Opfer – auf ihm steht Carildas Name. Auch er kann Teseo nicht vom Kampf abbringen. Airanna erfährt, wie Teseo siegen kann und hilft ihm, obwohl sie denkt, er sei ihr untreu und liebe Carilda. Tauride versucht, Carilda zu erpressen: Wenn sie nicht seine Gemahlin werden will, wird er sie entehren. Mit Alcestes Hilfe entflieht sie ihm. Minos bestimmt Arianna als Ersatzopfer. Teseo tötet den Minotaurus, findet mit dem Ariadnefaden aus dem Labyrinth und unterwirft Tauride. Athen ist von dem Tribut befreit, und Teseo bittet um Ariannas Hand. Dabei enthüllt er Minos, dass Arianna seine Tochter ist. Carilda beginnt, Liebe für Alceste zu fühlen. Die Oper endet mit einem lieto fine.
Die wissenschaftlich-kritische Edition von Arianna in Creta in der Hallischen Händel-Ausgabe erschien 2012 (Hrsg. Reinhold Kubik).
Annette Landgraf
(aus [t]akte 1/2018)