Bereits vor der Uraufführung begann Smetana an seiner heiteren Oper Die verkaufte Braut zu ändern, Beginn einer langen Reihe von Umwandlungen und Fassungen. Eine Einführung anlässlich des Neusatzes des Aufführungsmaterials von Bärenreiter Praha.
Die verkaufte Braut, die wirkungsvolle Geschichte vom betrogenen Heiratsvermittler, vom Einlenken der Eltern und dem Sieg wahrer Liebe, die sich an nur einem Tag auf einem dörflichen Kirchweihfest abspielt, erfuhr von der Uraufführung am 30. Mai 1866 bis zur letzten Fassung von 1870 nicht wenige Überarbeitungen. Sie stehen nicht nur mit Smetanas künstlerischem Bedürfnis oder seiner Reaktion auf Kritik, sondern auch mit den sich abzeichnenden Möglichkeiten einer Aufführung der Oper im Ausland in Verbindung. Heute wird die Oper in aller Regel in ihrer letzten Fassung mit Rezitativen aufgeführt, doch entstanden damals unterschiedliche, künstlerisch vollwertige Versionen, die auf bemerkenswerte Weise den Zustand der komischen Oper nach der Mitte des 19. Jahrhunderts in der ganzen Breite und Tiefe ihrer europäischen Tradition zusammenfassen: vom Dramma giocoso und der Opera buffa bis zur Opéra comique und der Opéra bouffe.
Bereits zwei Monate vor der Premiere erweiterten Smetana und sein Librettist Sabina die Oper um eine Szene mit einer Komödiantentruppe, überarbeiteten das Finale und beendeten damit die erste Fassung. Sie hatte 21 musikalische Nummern, die durch Prosadialoge verbunden waren. Schon bei der dritten Aufführung am 27. Oktober 1866 traten kleinere Änderungen im Werk auf. Smetana gelang es dann, die Verkaufte Braut bei der feierlichen Vorstellung anlässlich des Besuchs von Kaiser Franz Joseph I. im Interimstheater während dessen „Nachkriegs“-Inspektionsreise durchzusetzen. Ein hinzugefügtes Ballett (der Tanz der Zigeuner), das zur Musik aus der Tanzszene aus den Brandenburgern in Böhmen inszeniert wurde, sollte der Oper einen repräsentativeren Nimbus verleihen; damit ersetzte Smetana das gestrichene Couplet über die menschliche Heuchelei. Mit dieser Balletteinlage wurde die Verkaufte Braut noch einige Male gespielt, insbesondere bei feierlichen Anlässen; das Couplet des Direktors der Komödiantentruppe wurde erst in der dritten Fassung aus der Oper endgültig ausgeschlossen.
Als Ergebnis der Änderungen der Oper in den Jahren 1868–1869, bei denen Smetana insbesondere mit der Komposition der Tanzszenen zugleich Stimmen entgegenkam, die nach mehr nationalem Kolorit verlangten, wurden in kurzer Zeit nacheinander zwei neue Fassungen präsentiert: Zunächst wurde am 29. Januar 1869 im Interimstheater eine Fassung aufgeführt, bei der der unverhältnismäßig lange erste Akt durch eine Änderung geteilt wurde, die für den Anfang des zweiten Teils den neu komponierten Trinkchor nach sich zog. Für den Beginn des zweiten Aktes wurde eine gesungene Polka hinzukomponiert, auch vertiefte Smetana die Rolle der Marie durch die Hinzufügung ihrer zweiten Arie „Mein Liebestraum, wie war er schön“. Diese Version wurde nach vier Vorstellungen am 1. Juni 1869 durch eine neue Fassung ersetzt und auf der Sommerbühne des Neustädter Theaters aufgeführt. Die Oper wurde nun endgültig in drei Akte geteilt, weitere neue Tanznummern tauchten auf, ein Furiant und ein Springtanz, ein neu komponierter Marsch leitete den Auftritt der Komödiantentruppe ein. Nach neun Vorstellungen dieser Version kam am 25. September 1870 schließlich die vierte Fassung des Werkes auf die Bühne des Interimstheaters, deren größte Änderung – die Ersetzung der gesprochenen Prosa durch Rezitative – mit einer in St. Petersburg anstehenden Aufführung der Oper zusammenhing.
Grundlage des vollständig neu gesetzten Aufführungsmaterials von Bärenreiter ist der Notentext der kritischen Edition der Partitur von František Bartoš im Rahmen der Studienausgabe der Werke Bedřich Smetanas von 1940 sowie seine zweite revidierte Ausgabe von 1953, ebenso wie die kritische Edition des Librettos von Nejedlý sowie der Klavierauszug des Komponisten von 1951, der von Bartoš für die zweite Ausgabe von 1954 erneut revidiert wurde. Die neue Edition des Klavierauszugs von Bartoš enthält Kàans zweihändigen Klavierauszug des Vorspiels (Smetanas ursprüngliche Bearbeitung für vier Hände wurde weggelassen) und neben dem tschechischen Originaltext auch die deutsche Übersetzung von Kurt Honolka von 1958.
Marta Ottlová
(Übersetzung: Kerstin Lücker)
(aus [t]akte 1/2012)