Der Musikverlag Rai Trade pflegt die Kinderoper als wichtigen Bestandteil seines Kataloges. Es sind Stücke, in denen junge Menschen nicht nur als Publikum gesehen, sondern aktiv in die Produktion einbezogen werden. Vier neue Werke stellen sich vor.
Roberta Vacca: Wer entführte das Mäusemädchen Konstanze? (Chi rapì la topina Costanza?)
Das Stück von Roberta Vacca ist eine freie Bearbeitung von Mozarts Entführung aus dem Serail. Der Text von C. F. Bretzner ist von der Librettistin Paola Campanini neu bearbeitet worden, ausgehend von dem Wortspiel, das die Übersetzung des Wortes „Entführung” nahelegt (rapimento/ratto = Entführung/Ratte). Von der Ratte zur Maus – warum sollte man die Geschichte von Konstanze und Belmonte, mit Pedrillo, Blonde, Bassa Selim und dem komischen Wächter Osmin nicht in eine abwechslungsreiche Geschichte verwandeln, die in einer von Tieren bevölkerten Welt angesiedelt ist, die auf liebevolle (aber auch groteske) Weise der menschlichen Welt ähnelt? Die kompositorische Bearbeitung geht von Mozarts Partitur aus und verwendet einige ihrer Szenen. Obwohl die wichtigsten melodischen Linien fast intakt bleiben, ergibt sich ein frischer Blick auf das Werk. Handlung und Figuren werden neu charakterisiert, folgen jedoch der Orchestrierung und der Beziehung zum Text mit einer der Gegenwart angemessenen Sensibilität.
Roberta Vacca
Wer entführte das Mäusemädchen Konstanze? (Chi rapì la topina Costanza?)
Heitere Komödie für Soli, Chor, zwei Sprecher und Ensemble. Libretto von Paola Campanini
Soli: Sprecher/Sänger 1, Sprecher/Sänger 2, S1, S2/Mez, S3, Mez, T, Bar, B1, B2; Chor (Kinder oder Erwachsene): mindestens 2S, 2Mez, 2A, 2T, 2Bar, 2B
Ensemble: Fl/Picc, Klar in B /BKlar, Fag, Trp, Schlg (2), Str
Dauer: ca. 60 Minuten
Mario Pagotto: Archibald Wechselschall (Arcibaldo Sonivari)
Wir befinden uns im Königreich von Roccasilente mit seinen arbeitsamen Bürgern. Dort sind alle so damit beschäftigt, materielle Güter herzustellen, dass sie den Wert der Musik und der Künste vergessen haben. Erst als nach einem Zauber die Instrumente aufhören zu spielen und die Töne verschwinden, bemerken die Bewohner, dass sie die Musik vernachlässigt haben. Nach der Auflösung eines musikalischen Rätsels, eines Kanons, durch den vielseitigen Archibald Wechselschall (einen Komponisten und Forscher), kommt es zu einem Moment des Innehaltens und zu einer Überraschung, die unerwartete Auswege eröffnen wird.
Mario Pagotto
Archibald Wechselschall (Arcibaldo Sonivari)
Oper für Kinder in einem Akt. Libretto von Anna Valentini
Soli: S, Mez, Bar, Tänzerin
Ensemble: Fl/Picc, Klar in B/BKlar, Fag, Klav, Schlg (1), V, Va, Vc
Dauer: ca. 60 Minuten
Mauro Montalbetti: Brimborium! Musikalisches Märchen. Libretto von Francesco Peri
Brimborium! ist im ursprünglichen Geist des Cantiere Internazionale d’Arte von Montepulciano entstanden. Die Idee des Stücks folgt dem Beispiel von Hans Werner Henzes Il Pollicino und soll Kinder und professionelle Musiker in einer Operninszenierung zusammenbringen, die so naiv wie ein Märchen gehalten ist. In einem alten Schrank lebt eine Gruppe von aussortierten Gegenständen. Gefangen in immer gleichen Zeitabläufen, in Langeweile dahindämmernd, überlassen sie sich ihren Obsessionen und ihrer Trauer. Sie werden von Erinnerungen an eine äußere Welt gequält, deren Existenz ihnen immer zweifelhafter erscheint. Da erklingt plötzlich der Ton einer Geige: Ein junger Musiker übt in dem alten Haus. Die äußere Welt wird zu einem Lockruf. Allmählich werden auch die Gegenstände von Hoffnung angesteckt. Aber wie sollen sie es anstellen, aus dem Schrank herauszukommen? Nur wenn die Gegenstände sich miteinander verbünden und ihre kleinen Streitereien beilegen, wird es ihnen gelingen, die Freiheit wiederzugewinnen. Das Schloss schnappt auf, die Tür öffnet sich. Die Objekte kommen aus dem Schrank heraus. Draußen erwartet sie eine Welt, die sie vielleicht nicht mehr wiedererkennen werden.
Brimborium! handelt davon, wie schwierig es ist, Mut zu fassen, menschlich zu sein und die eigenen Ängste zu überwinden. Gleichzeitig ist es auch eine Parabel über die utopische Kraft und die soziale Funktion von Musik.
Mauro Montalbetti
Brimborium! Musikalisches Märchen. Libretto von Francesco Peri
Orchesterfassung (2012)
Soli: S, Mez, KinderSt, Bar, KCh, 1 Tänzer
Orchester: 2,0,2,0 – 0,1,1,0 – Schlg – Str; Junge Instrumentalisten: Fl, Klar, BKlar, Klav, Hfe, Vc – Kammerfassung (2013): Fl, Klar, BKlar, Hn in F, Trp in B, Schlg, Vib, Hfe, Klav, Str
Dauer: ca. 70 Minuten
Lucio Gregoretti: Flüchtling (La Fugitive)
La Fugitive (Rom 2009, Münster 2013) ist eine Oper, die sich mit dem Schicksal der unglücklichen Menschen beschäftigt, die getrieben von Hunger und Elend aus ihrem Land flüchten. Die zehnjährige Waise Djamila ist gerade in Europa gelandet. Sie findet Zuflucht in einem Camp illegaler Flüchtlinge. Das Lager wird von der Polizei aufgelöst, aber es gelingt Djamila zu flüchten. Camille, ein gleichaltriges Mädchen, hilft ihr zu entkommen und versteckt sie in ihrer Schulklasse, wo alle anderen Kinder und die Lehrer sie freundlich begrüßen. Djamila wird jedoch von den Behörden gesucht. Um sie zu retten, entschließen sich die Schüler, sie zu adoptieren. Aber wie man weiß, können Kinder nicht andere Kinder adoptieren ... Am Schluss stimmt der Chor ein „Loblied auf die Ferien” an, in der Hoffnung, dass die Erwachsenen eines Tages lernen werden, sich wie Kinder zu verhalten.
Lucio Gregoretti
Flüchtling (La fugitive)
Oper in drei Akten in Form eines optimistischen und tröstlichen Märchens, mit einer Ouvertüre und einigen Balletten. Libretto von Daniel Goldenberg
Soli: 4 KinderSt, S, T, Bar; Kinderchor
Ensemble: Fl/Picc, Ob, Klar in B, ASax, Fag, Trp, Pos, Schlg (2), Klav/Keyboard, Str
Dauer: ca. 60 Minuten
Andrea Fontemaggi
(Übersetzung: Christine Anderson)