Nach der aufsehenerregenden Oper Edward II sprechen nun vier Instrumente: Für das Quatuor Diotima komponiert Andrea Lorenzo Scartazzini sein erstes Streichquartett. Der schweizerische Komponist, ein genuiner Dramatiker, der sich in seinem Werk bisher auf Musiktheater und Vokalmusik konzentriert hat, konzipiert sein Quartett als eine musikalische Erzählung. Er reiht sechs Teile aneinander: Kurze Intermezzo-Miniaturen in kleinerer Besetzung wechseln mit ausgewachsenen Hauptsätzen, Motive werden exponiert und später ausgesponnen: „Was im kurzen ersten Satz als Grundmaterial erklingt: ein lapidarer Pizzicato-Gestus, eine vierteltönige Kantilene und ‚geräuschhaft orchestrierte‘ Stille, taucht in verwandelter Form in den späteren Sätzen (III und V) wieder auf. Allen gemeinsam ist ihr Sostenuto-Charakter, ein Innehalten und Horchen sowie die Konzentration auf prägnante motivische Gestalthaftigkeit.“ Die großen Sätze führen bestimmte Grundcharaktere aus: eine Beschleunigung zur maximalen Kraftentfaltung und Helle, dann bilden „traumartige Texturen einen hypnotisch melodischen Singsang“, der letzte dann ist rhapsodisch offen. Scartazzini über sein Werk: „Die Klangsprache des Quartetts umfasst eine große harmonische Bandbreite, von filigranen Dur-Klängen bis zu schärfster Dissonanz, ohne dass diese Mittel polystilistisch wirken. Die über weite Strecken eingesetzte Vierteltönigkeit dient der Erweiterung des chromatischen Spektrums zur Steigerung der Expressivität.“
MLM
(aus [t]akte 2/2017)