Nach dem Erfolg seiner neuen Oper „Violetter Schnee“ an der Berliner Staatsoper hat Beat Furrer schon wieder neue Projekte im Blick.
„Spazio immergente“ heißt übersetzt „Der unermessliche Raum“. Beat Furrer komponierte bereits mehrfach einen Text von visionärer Weite aus Lukrez’ Abhandlung De rerum natura (Über die Natur der Dinge), der verblüffende Überlegungen über die Erscheinungen und Gründe des Seins enthält. Eine dieser Passagen wurde auch zum zentralen Bezugspunkt seiner letzten Oper Violetter Schnee: „dass nicht wie Flammen die Mauern des Weltalls plötzlich entflieh‘n in‘s unermessliche Leere, … und nichts, kein Rest mehr bleibt – verlassener Raum.“
Nichts weniger als eine Vision der Entgrenzung und Apokalypse enthalten die acht Verse und sind für Beat Furrer Ausgangspunkt für ein klangliches Auffächern in verschiedene Räume. Sein neues Werk Spazio immergente III für Sopran, Posaune und Streicher übersetzt die erste Fassung in einen größeren orchestralen Zusammenhang. Schon diese verschränkte die zwei Stimmen, Sopran und Posaune und führte den Text in verschiedene klangliche Räume – mit Stimme, Sprache, Atem. Durch ein dichtes Ineinander verschiedener dynamischer Prozesse am Beginn, modulierende Klangfarben und vokalartige Färbungen in der Posaune, entsteht eine virtuose Mehrstimmigkeit. Im vierten der fünf, ansonsten lateinisch gesungenen Teile gewinnt der Text plötzlich in deutscher Sprache, von beiden Interpreten quasi gesprochen, eine besondere Gegenwärtigkeit. Die aufgeteilten Streicherfarben übersetzen harmonische Strukturen, Bewegungsmodelle und klangliche Texturen beider Solopartien und intensivieren sie.
Marie Luise Maintz
(aus „[t]akte“ 1/2019)