Philipp Maintz, gebürtiger Aachener, kehrt für eine Spielzeit in seine Heimatstadt zurück, als „Composer in Focus“ zum Jubiläum des Sinfonieorchesters. Höhepunkt wird die Uraufführung des Orchesterstücks „approximate sonata“ sein.
In der Saison 2024/25 feiert das Theater Aachen seinen 200. Geburtstag. Als „Composer in Focus“ wählte es sich passend dazu Philipp Maintz, einen „Öcher Jong“: Maintz wurde 1977 in Aachen geboren, ist dort aufgewachsen und sozialisiert worden, hat dort seine ersten musikalischen Gehversuche unternommen und ist mit ersten Kompositionen in die Öffentlichkeit getreten. In der gutsortierten Musikabteilung der öffentlichen Bibliothek hat er „phasenweise quasi gewohnt“ und sich „durch die Musikgeschichte gearbeitet“ (Maintz). Neben Partituren von Berio, Penderecki, Reimann und Stockhausen ist er hier auch zum ersten Mal mit Ausgaben seines späteren Verlages in Berührung gekommen.
Eine besondere Beziehung hat der Komponist zum Theater Aachen. Hier konnte er seine erste zeitgenössische Oper sehen, Marat von Walter Haupt, – ein „großes Spektakel“ und ein beeindruckendes und prägendes Erlebnis, schlummert in ihm doch seit diesem Tag der Wunsch, auch solch eine große Oper im „Breitwandformat“ zu schreiben. 2008 wurde sein zweites Orchesterstück, archipel, vom Sinfonieorchester Aachen uraufgeführt, und der Komponist erinnert sich noch heute an den „tumultigen Applaus“ nach den Aufführungen. Zwei Jahre später produzierte das Theater Aachen zusammen mit der Münchener Biennale Maintz‘ erste Oper „Maldoror“ – eine erfolgreiche Produktion, die auch beim Publikum sehr großen Anklang fand. „Das war eine spannende Zeit und hat mir einfach auch sehr viel Freude gemacht“, erinnert sich der Komponist rückblickend. Umso größer ist seine Freude, wieder mit dem Sinfonieorchester Aachen arbeiten zu können.
Bereits am 22. und 23. September erlebte das „konzert für klavier und großes orchester“ mit Joonas Ahonen unter der Leitung des Aachener Generalmusikdirektors Christopher Ward seine deutsche Erstaufführung. Neben einem Kammerkonzert und einem Ensemblekonzert steht auch Orgelmusik von Philipp Maintz im Aachener Dom auf dem Programm der Jubiläumsspielzeit. Höhepunkt der Zusammenarbeit aber wird die Uraufführung des neuen Orchesterwerkes „approximate sonata“ im Rahmen des vierten Sinfoniekonzertes am 16. und 17. Februar 2025 unter der Leitung von Marc Niemann werden. Das Stück heißt im Untertitel „Orchestersinfonie“. Wie bereits in seinem vorangegangenen Orchesterstück der zerfall einer „illusion in farbige scherben“ (Uraufführung: Köln 22.6.2024) hat Maintz auch in seiner neuen Partitur wieder ein Akkordeon besetzt, also ein Instrument, das nicht in die Besetzung eines klassischen Orchesters gehört. So kann es, gleichsam „von außen“, Fäden und Linien spinnen, die „das Orchester anregen und zum Blühen bringen“. Die besondere Idee des Stückes, die sowohl im Titel als auch im Untertitel angedeutet wird, ist die Auseinandersetzung mit der klassischen Form des Sonatenhauptsatzes. Die Betrachtung des Ablaufs von These – Antithese – Synthese erfährt neben der formalen und der melodisch-harmonischen eine neue Perspektive – die der Instrumentalfarbe. Dieser neue Blickwinkel erzählt „auch etwas über unsere Zeit, wie das Ungewöhnliche und Nicht-Übliche eine besondere Bereicherung darstellen kann“. Nicht zufällig beschäftigt sich der Komponist mit dieser Idee gerade bei diesem Auftragswerk für das Sinfonieorchester Aachen: „Denn wo könnte man diese Erzählung am besten ausfalten als beim Orchester einer Stadt, die mitten in Europa liegt und in der auch ich seit Kindertagen als selbstverständlich erlebt habe, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.“
Robert Krampe
(aus [t]akte 2/2024)