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Eifersucht in Indien. Händels „Poro“ im Urtext der Hallischen Händel-Ausgabe

Bild: Charles Le Brun: Alexander und Porus (1673) 

Georg Friedrich Händel
Poro. Opera in tre atti HWV 28
Hrsg. von Graham Cummings. Hallische Händel-Ausgabe II/25
Erstaufführung nach der Neuedition: 2.6.2012 Halle (Händelfestspiele, konzertant), Kammerorchester Basel, Leitung: Emilio Onofri (auch 4.6. Theater Basel)
Personen: Poro (Countertenor), Cleofide (Sopran), Erissena (Alt), Gandarte (Alt), Alessandro (Tenor), Timagene (Bass)
Orchester: Flauto dolce I, II, Flauto traverso, Oboe I, II, Corno I, II, Tromba; Streicher; Basso continuo
Verlag: Bärenreiter, Aufführungsmaterial leihweise

Seine Oper Poro siedelt Händel im fernen Indien an. Die Konflikte, die sich darin entwickeln, sind jedoch durchaus allgemeinmenschlich und bieten Händel die Möglichkeit, seine ganze kompositorische Reife auszuspielen.

Händels Oper Poro, re dell’Indie HWV 28 soll 2013 in der Hallischen Händel-Ausgabe erscheinen. Die Fassung der Uraufführung vom 2. Februar 1731 in London, die dem Hauptteil des HHA-Bandes II/25 (Herausgeber: Graham Cummings) entspricht, liegt bereits seit Herbst 2011 als Vorabveröffentlichung bei Bärenreiter vor. Sie kann nun als Grundlage künftiger Aufführungen des nach seinen beiden Boomphasen – 1731–1736 in London, Braunschweig und Hamburg sowie wieder  von 1956–1970 vor allem in Mitteldeutschland – heute im Repertoire leider sehr seltenen, musikalisch aber außerordentlich attraktiven Werkes dienen.

Die Handlung spielt zur Zeit der Feldzüge Alexanders des Großen um 326 v. Chr. Die Truppen des über einen Teil Indiens herrschenden Königs Poro werden von Alessandros Heer vernichtend geschlagen. Cleofide, Königin eines anderen indischen Reiches und mit Poro in Liebe verbunden, nutzt ihre Reize, Alessandro zu betören, um für Poro und das Vaterland so viel wie möglich zu retten. Natürlich fällt Alessandro auf Cleofides gespielte Liebe herein, während Poro, der seiner Freundin immer nur kurzfristig zu trauen vermag, reichlich Gelegenheit zu Eifersuchtsausbrüchen erhält. Zum guten Ende verzeiht Alessandro dem Paar die Intrigen und den Widerstand, verzichtet auf Cleofide und gibt Poro sein Reich zurück. Den Opfern der mörderischen Schlachten weint keine der vornehmen Personen der Handlung eine Träne nach.

Es scheint, dass Händel der Oper Poro, die von allen seinen dramatischen Werken den am weitesten von Westeuropa entfernten Handlungsort hat, musikalisch ein gewisses exotisches Kolorit verleihen wollte, was ohne Kenntnis außereuropäischer Musikkulturen nur durch Abweichungen vom Üblichen möglich war. So stehen nach einem ersten Akt mit Musikstücken ganz überwiegend in Dur-Tonarten und einem zweiten Akt mit vier Dur- und Moll-Sätzen im dritten Akt drei Arien in Dur neun Stücke in Moll gegenüber. Einen Geniestreich bildet der Einsatz der Barocktrompete mit ihrem vor allem für D-Dur geeigneten Tonvorrat im h-Moll-Schlusschor – der Grundton des Stücks kommt im Part des Instruments nicht vor. Im Vergleich zu den anderen Opern Händels – nämlich in vier Musiksätzen, von denen drei besonders lang sind – werden ausgiebig Flöteninstrumente verwendet.

Ein weiteres im Opernschaffen Händels einmaliges Phänomen – das nichts mit Exotik zu tun hat – bilden die Reminiszenzen im Duett Cleofides und Poros am Ende des ersten Aktes. Die Liebenden wiederholen hier in ironischer Absicht textlich und musikalisch den – im Falle Poros gebrochenen, im Falle Cleofides von Poro für gebrochen gehaltenen – Schwur des jeweils Anderen aus einer vorhergehenden Arie.

Wie dieses Duett und die beiden anderen Zwiegesänge des Liebespaares gehören auch viele der Arien zu den Höhepunkten händelscher Musik. Hervorgehoben seien Poros E-Dur-Largo „Se possono tanto“, Cleofides ergreifendes „Digli, ch’io son fedele“, Poros reich instrumentiertes Seefahrtsgleichnis „Senza procelle ancora“, Gandartes Siziliano „Se viver non poss’io“ und Poros verzweifeltes „Dov’è? s’afretti“. Der Ruhm von Erissenas Pastorale „Son confusa pastorella“ verbreitete sich schon im 18. Jahrhundert von London aus über Europa. So wurde diese Arie, wie aus mehreren Manuskripten aus den Beständen der Dresdner Hofkapelle hervorgeht, in der sächsischen Hauptstadt mit einem lateinischen Gesangstext versehen und als Weihnachtsmusik verwendet.         

Michael Pacholke
(aus [t]akte 1/2012)

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