Mit der Editionsreihe L’Opéra français unternimmt Bärenreiter eine Ehrenrettung des französischen Musiktheaters des 19. Jahrhunderts und öffnet auf der Basis gesicherter Quellenerkenntnisse einen reichen Fundus an Werken, die eine Wiederentdeckung lohnen.
Vom reichhaltigen Repertoire der französischen Oper des 19. Jahrhunderts haben sich nur wenige Werke bis heute auf den Bühnen behauptet: Carmen und Faust sind die bekanntesten. Andere, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert nicht nur die französischen Spielpläne beherrschten, warten auf ihre Wiederentdeckung. Dies erstaunt umso mehr, als man weiß, wie couragiert und verschiedenartig die Produktionen der Pariser Opernhäuser zu jener Zeit waren. Die Opéra-Comique brach Rekorde zum einen durch die hohe Zahl neuer Werke, aber auch durch die Dichte ihrer Vorstellungen; die Grand Opéra festigte die Karrieren der berühmtesten französischen und ausländischen Sänger; das Théâtre-Lyrique entdeckte junge Komponisten und trug zu einer außergewöhnlichen Diversifikation der Genres bei; die Opéra bouffe und die Operette beherrschten die Boulevards. Komponisten wie Cherubini, Méhul, Spontini, Boieldieu, Auber, Halévy, Adam, Thomas, Gounod, Lalo, Saint-Saëns, Delibes, Bizet, Chabrier, Massenet u. a. gelangten zu Weltruhm.
Nach der Wiederentdeckung der Barockoper in den letzten zwei Jahrzehnten wächst nun auch das Interesse an diesem zum Teil vernachlässigten Repertoire. Im Zuge dessen wird der Bärenreiter-Verlag das reiche Korpus zu neuem Leben erwecken und hat die Veröffentlichung der Reihe L’Opéra français auf die Agenda gesetzt. Sie entsteht nach dem Vorbild der großen Denkmäler-Ausgaben als kritische Edition der zentralen musikdramatischen Werke, die in der gesellschaftlich spannenden Zeit zwischen der Revolution und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs entstanden sind. Darin sind die Werke enthalten, die in musikalischer und dramatischer Hinsicht von entscheidender Bedeutung oder charakteristisch für einen Stil oder eine Gattung sind.
Die Bände entsprechen gleichermaßen den wissenschaftlichen Anforderungen einer kritischen Edition als auch den praktischen Bedürfnissen der Bühnen und der Ausführenden. Alle bekannten Quellen fließen in die Ausgaben ein. Die Ausstattung der Partituren und der Materiale folgt heute gängiger Praxis. Der kritische Bericht ermöglicht es, den Zustand des Werkes in seinen Quellen zu erkennen.
Jeder Band enthält eine Einleitung des wissenschaftlichen Herausgebers, das Libretto, die Partitur, den kritischen Bericht zum Notentext und gegebenenfalls Anhänge. Die entsprechenden Aufführungsmateriale werden sukzessive erscheinen, Erstaufführungrechte sind zum Teil noch zu vergeben. Damit wird die Basis geschaffen, um das Repertoire gemäß den heutigen Ansprüchen in seiner Vielfalt den Theatern wieder zugänglich zu machen.
BV / Red.
aus: takte 2/2008
Mehr als „Faust” und „Carmen”. Die französische Oper zwischen der Revolution und der Moderne
L’Opéra français
Editionsleiter: Paul Prévost
Bärenreiter-Verlag Kassel 2008ff.
Adolphe Adam: Le Toréador ou L’Accord parfait. Hrsg. von Paul Prévost (2008). Aufführungsmaterial bereits leihweise erhältlich
Édouard Lalo: Fiesque. Hrsg. von Hugh Macdonald (2009)
Daniel François Esprit Auber: Le Domino noir. Hrsg. von Emmanuel Trombowsky (2010)
Ambroise Thomas: Hamlet. Hrsg. von Hugh Macdonald und Sarah Plummer (2011)
Jules Massenet: Werther. Hrsg. von Lesley Wright (2011)
Emmanuel Chabrier: L’Étoile. Hrsg. von Hugh Macdonald (2012). Aufführungsmaterial ab Frühjahr 2010 leihweise vorab erhältlich
Camille Saint-Saëns: Samson et Dalila. Hrsg. von Andreas Jacob (2012)
Charles Gounod: Roméo et Juliette. Hrsg. von Arnold Jacobshagen (2013)
Charles Gounod: Faust. Hrsg. von Paul Prévost (2013)
Georges Bizet: Carmen. Hrsg. von Hervé Lacombe (2014)
Die Reihe wird ca. 35 Bände umfassen und zur Subskription angeboten.