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„Pamina, wo bist du?“. Ein unbekanntes Duett zu Mozarts „Zauberflöte“

Aufführungsmaterial erhältlich über Bärenreiter · Alkor

Eine Nummer aus der Zauberflöte, die man nicht kennt? Unmöglich! Doch gibt es ein Duett von Tamino und Papageno, das es nicht in die bekannte Abfolge geschafft hat. Es steht nun wieder zur Verfügung.

Im Nachtragsband zur Neuen Mozart-Ausgabe sollen auch verschiedene unter dem Namen Mozart überlieferte Kompositionen als „Werke zweifelhafter Echtheit“ zur Diskussion gestellt werden. Die Maßstäbe für diese Kategorie beschränkt sich auf Kompositionen, deren Autorschaft aufgrund des quellenkritischen und stilistischen Befunds bis heute nicht abschließend geklärt werden kann. Zu diesen Werken gehört ein Duett für Tamino und Papageno, „Pamina, wo bist Du?“, das singulär in einer Partiturabschrift des frühen 19. Jahrhunderts überliefert ist, die sich heute in der Lippischen Landesbibliothek Detmold befindet.

Tamino: Pamina, wo bist du?
Papageno: Ach Weibchen, wo bist du?
Tamino/Papageno: Getrennt von dir zu sein,
ist mir die größte Pein.
Tamino: Schaff meinem Herzen Ruh!
Tamino: Nur sehen will ich dich und fragen: „Liebst du mich?“ Dann tret ich kühn die Bahn zum neuen Leben an. Nun zur Pamina …
Papageno: … und Papagena!
Tamino/Papageno: Stille, stille, stille, still!

Richard Genée stellte das Duett 1898 in einem Beitrag mit dem Titel „Ein bisher unbekannt gebliebenes Duett zu Mozarts ‚Zauberflöte’“ in den Mittheilungen für die Mozart-Gemeinde in Berlin erstmals vor; es wurde dann auch in Auflagen aus dem frühen 20. Jahrhundert des Zauberflöten-Klavierauszugs des Verlags C. F. Peters gedruckt, allerdings in die bis heute bekannte Ausgabe des Klavierauszugs der Zauberflöte von Kurt Soldan (1932) nicht mehr aufgenommen. Das Duett ist in Partitur bislang ungedruckt; vereinzelt ist es auf Tonträgern erschienen.

Das Duett steht in B-Dur und ist zweiteilig: Auf ein dialogisches Andante von 44 Takten folgt ein Allegro von 68 Takten, das über weite Strecken Tamino allein zugewiesen ist, ehe in den letzten Takten Papageno wieder hinzutritt. Die Besetzung mit 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotten, 2 Hörnern und Streichern ist in der Zauberflöte auch sonst anzutreffen.

Über weite Strecken des Vokalstimmensatzes ist das Duett „mozartisch“. Dies gilt auch für die abwechslungsreiche und recht dichte Orchesterbegleitung im ersten Teil. Der stilistische Befund im weiteren Verlauf des Stücks ist allerdings zwiespältig: Taminos „Monolog“ wirkt für ein Duett eher deplatziert, und der zurückhaltend instrumentierte Schluss lässt mozartsche Überraschungsmomente vermissen, die hingegen am Beginn des zweiten Teils in einigen harmonisch ungewöhnlichen Wendungen noch anzutreffen sind.

Das Duett ist ohne verbindende Prosatexte erhalten und in der Detmolder Partitur am Beginn des 2. Aufzugs im 11. Auftritt als Nr. 13 zwischen dem Duett der beiden Priester und dem Quintett „Wie? wie? wie? […]“ eingebunden. Angesichts der Mahnung der beiden Priester, sich vor Weibertücken zu hüten, wirkt die Sehnsucht nach Pamina bzw. Papagena unpassend. Die unmittelbare Folge zweier Duette für Tenor und Bass, auch wenn sie unterschiedlichen Personen zugewiesen sind, wäre ungewöhnlich, und der Einschub eines B-Dur-Stücks zwischen das C-Dur-Duett und das Quintett in G-Dur ist von der Tonartenfolge wenig überzeugend.

Bei dem Duett „Pamina, wo bist du?“ handelt es sich um ein musikalisch interessantes Stück, das zwar früh in der Überlieferung der Oper auftaucht, aber weitgehend unbeachtet geblieben ist. Aus der Kenntnis von Mozarts Schaffensweise und seines Personalstils ist es aus der Tatsache, dass das Stück in keiner einzigen weiteren Quelle überliefert ist, allerdings unwahrscheinlich, dass es in allen Teilen von Mozart stammt. Die thematische Erfindung und die Instrumentierung des ersten Teils sind aber auch nicht ohne Weiteres einem epigonalen Komponisten des 19. Jahrhunderts zuzutrauen. Das Duett wurde vielleicht nicht einfach als überzählig gestrichen, sondern noch im Entwurfsstadium vor der Fertigstellung der Oper durch das Duett der beiden Priester ersetzt.   

Ulrich Leisinger
(aus [t]akte 1/2018)


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