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Ein denkwürdiger Anfang. Zur Neuausgabe der I. Symphonie von Anton Bruckner

Anton Bruckner
I. Symphonie c-Moll. 1. Fassung 1868 „Linzer Fassung“
Neue Anton Bruckner Gesamtausgabe
Erstaufführung mit dieser Edition: 9.8.2014 Salzburg (Festspiele), ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Leitung: Cornelius Meister
Orchester: 3,2,2,2 – 4,2,3,0 – Pk – Str
Verlag: Musikwissenschaftlicher Verlag Wien
Aufführungsmaterial: Bärenreiter • Alkor
Info: www.mwv.at

Bild: Anton Bruckner, Fotografie von 1868

Als erster Band der Neuen Anton Bruckner Gesamtausgabe erscheint die „Linzer Fassung“ der I. Symphonie auf der Basis neuester Quellenbewertung. Bei den Salzbrger Festspielen wird erstmals nach dieser Ausgabe musiziert.

Wohl niemand im Konzertpublikum, der es auf sich genommen hatte, trotz strahlenden Frühjahrswetters am 9. Mai 1868 nachmittags um fünf Uhr den Linzer Redoutensaal zu betreten, um die Sinfonie des Domorganisten zu hören, konnte ahnen, dass hiermit eine denkwürdige Stunde in der Geschichte der Sinfoniekomposition herangekommen war. Ob es irgendjemand im Orchester ahnte? Etwa Franz Simandl, der einmal eine Koryphäe des Kontrabassspiels werden sollte und hier, in Linz, seinen Wehrdienst ableistete?

Simandl signierte jedenfalls sein Stimmheft, vielleicht im Bewusstsein, dass dieses Konzert doch etwas Besonderes war. Freilich ist das zeitgenössische Publikum, erlesen und von Rang, nicht zahlreich genug erschienen, um den Komponisten auf seine Kosten kommen zu lassen. Aus den Presseberichten kann man schließen, dass die Hörer durchaus wahrnehmen konnten, wie die Musiker des hiesigen Ständetheaters und der Garnison an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit geführt wurden. Kein Wunder, war ja das Werk von Anfang an dazu ausersehen, in Wien aufgeführt zu werden.

Die I. Symphonie Anton Bruckners verschwand im Archiv des Komponisten für annähernd 20 Jahre. Als sich seit etwa 1886 zunehmend ein Interesse am Erstlingswerk des mittlerweile arrivierten Sinfonikers regte und für 1889 gar eine Wiener Erstaufführung geplant war, zog Bruckner kurzerhand seinen „kecken Besen“, wie er die Erste gelegentlich nannte, zurück und widmete ein Jahr Arbeit für ihre Umarbeitung, die bald darauf aufgeführt und gedruckt wurde.

Erst 1935 wurde die Öffentlichkeit mit der ursprünglichen Gestalt der I. Symphonie bekanntgemacht. Robert Haas erschloss den Notentext für die Gesamtausgabe und sorgte schon im Vorfeld dafür, dass Peter Raabe das noch ungedruckte Werk 1934 zum Aachener Brucknerfest aus der Taufe heben konnte. Bald begannen Publikum und Aufführende, diese Partitur dem späten Erstdruck vorzuziehen. Indes täuscht ihre Deklarierung als „Linzer Fassung‘ darüber hinweg, dass zur Grundlage des Notentextes die brucknerschen Manuskripte verwendet wurden, die zahlreiche Spuren der beginnenden Überarbeitung von 1889 tragen und die offenbar schon in den Jahren zuvor einige Eingriffe Bruckners erfuhren.

Der Start der Neuen Anton Bruckner Gesamtausgabe bot die Gelegenheit, dem historischen Ereignis „Linzer Sinfonie“ vom Notentext her so nahe wie möglich zu kommen. Das Resultat beruht auf der Wiedergabe der in den Einzelstimmen überlieferten Aufführungsfassung von 1868. Die Neuausgabe versucht wie die geplanten Folgebände, mit ausführlichen Angaben sowohl zur Entstehungsgeschichte als auch zur Konstituierung des Notentextes heutigen Ansprüchen an eine historisch-kritische Edition gerecht zu werden. Differenzen zur vertrauten Ausgabe werden somit im beigegebenen Material deutlich gemacht. Zu diesen Beigaben gehört auch die bislang separat erschienene Frühfassung des Scherzo, von der aus das innovative Potenzial des bekannten Satzes erst recht erfassbar wird. Doch schon zum Beginn des Werks zeigt sich exemplarisch die Differenz zur späteren Überarbeitung: Es fehlt der „leere“, nur mit Bewegung erfüllte erste Takt, den Bruckner erst später einfügte, um die Verhältnisse der Taktbetonung zu verdeutlichen; ähnlich verfuhr er an weiteren Stellen im Verlauf des ersten Satzes. Ein in manchen Details etwas „raueres“, oder darf man sagen „ungehobelteres“ Tonstück zeugt, noch ungebrochen, von der Aufbruchstimmung ihres Schöpfers und seiner Epoche.

Thomas Röder
(aus [t]akte 1/2014)

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