Musik für Kinder muss nicht betulich oder sentimental sein. In seinem Stück Jakub Flügelbunt setzt Miroslav Srnka auf Pointe, Kürze und Tempo. Auch das Orchester ist in das Geschehen einbezogen.
Streit in der Vogelfamilie: Der junge Jakub will fliegen lernen, der Vater hilft, die Mutter ist strikt dagegen („Bitte – Nein – Bitte – Nein – Also gut. – Auf gar keinen Fall!!! …“). Als er sich gegen den Willen der Eltern bei Wind alleine aufmacht, bricht er sich den Flügel. Durch die weise Eule lernt Jakub, dass man auch mit anderen Stärken etwas erreichen kann. Er erfährt die Freundschaft und Hilfe der anderen Tiere, siegt im Wettrennen und findet schließlich heraus, dass Magdalena, die so schön singen kann, ihn auch mag...
Jakub Flügelbunt ... und Magdalena Rotenband. Oder: Wie tief ein Vogel singen kann ist ein Märchenstück für drei Sänger und Orchester, ein Auftragswerk der Semperoper Dresden. Miroslav Srnka komponiert eine unterhaltsame Geschichte und Fabel gleichermaßen. Deren Personal ist quietschvergnügt und mit dem Potenzial zu großer Tragik versehen, so wie es sich für Helden aus dem Geist des Comics gehört. Srnka, der auch das Textbuch schrieb, erzählt die Geschichte, die ohne jegliche Melodramatik einige große psychoanalytische Themen enthält, mit einer knappen, lakonischen Sprache und einem unsentimentalen Duktus. Kürze und Tempo der Erzählung sind der Schlüssel zum Verständnis der Geschichte und ihrer Musikalisierung. Die Situationen und Figuren – verschiedene musikalische Charaktere wie das plappernde Eichhörnchen, der behäbige Igel oder die singende Magdalena – werden über die Geschwindigkeit vermittelt. Und schließlich wird das ganze Orchester in die Handlung einbezogen: „Aus allen, die auf dem Podium sitzen, entsteht eine Gemeinschaft. Die Orchestermusiker sind zunächst Beobachter, dann Teilnehmer der Geschichte. Wichtig ist, dass viele Momente musikalisch erzählt werden können: der Wind, das Rennen, der Flug, das Thema Singen. Was Kinder interessiert, sind Energien, Impulse. Und so wähle ich eine musikalische Form, die über Pointen funktioniert, die immer ereignisreich ist.“ Dies realisiert Srnka in griffigen Szenenwechseln durch Farben, Instrumentierung, Schnitte und mit drei Sängern, die in verschiedene Rollen schlüpfen. Die Hauptfigur Jakub vollzieht eine besondere Entwicklung. Er wird von einem Countertenor gesungen, der zum Schluss eine andere Stimme hat. Aus dem kleinen Vogelstimmchen ist ein profunder Bariton geworden …
Marie Luise Maintz
(aus [t]akte 2/2011)