Matthias Pintschers Ensemblekomposition Bereshit wird im Mai vom St. Paul Chamber Orchestra uraufgeführt.
Bereshit handelt vom Entstehen der Dinge, vom schöpferischen Akt und dessen Unfassbarkeit. „In einem An-fang …“ bezeichnet den biblischen Schöpfungsmythos: „Bereshit“ ist das erste Wort der Torah, des Alten Testaments. Es ist in diesem Begriff von einem Ungefähren die Rede, von „einem“ Beginn, nicht von „dem“ Anfang, einer Zäsur. Dies ist Ausgangspunkt von Matthias Pintschers Komposition für großes Ensemble, „Bereshit entsteht aus einem Anfangsklang wie aus dem absoluten Nichts, aus einem Ton, der in nur-perkussive Geräusche absinkt, aus denen sich dann Elemente herauslösen und verdichten. Es ist ein sehr vegetatives Stück, das Material wird quasi chronologisch behandelt, es erschließt sich langsam. Die Komposition entsteht aus der Idee, ein ganzes Kompendium an Klängen, Gesten, Rhythmen, Orchestrationen aus einem Urzustand von Klang herauszulösen.“ Eine genuin prozessuale Vorstellung wird hier zum Programm: „Mich interessieren die fließenden Klänge und Farben, die Vorstellung von einer perspektivischen Klanglichkeit. Das Stück handelt von diesem großen Fluss, von einem Kontinuum von Klängen und Ereignissen, das sich im Wachsen fortwährend verwandelt. Erst allmählich verfestigen sich die Dinge, gibt es solistische Ereignisse. Bereshit setzt fort, was ich in den letzten Jahren an Klanglichkeiten entwickelt habe. Im Klangdenken und in der Räumlichkeit geht dieses Stück weit über die kammermusikalische Dimension des Ensembleapparats hinaus.“
Kontinuität und Weiterenwickeln prägen Matthias Pintschers Komponieren. So führt er in seiner neuen Komposition für Flöte solo, die er für die Salzburger Festspiele komponiert, Konzepte weiter, die er im Flötenkonzert transir entwickelt hat: „Bei der Flöte ist jeder Ton ‚an den Atem gebunden‘ – kein Instrument artikuliert sich so nah am Luftstrom selbst. Das Instrument schwingend im direkten Kontakt mit dem menschlichen Atem, als eine Verlängerung des Atem-Körpers, trägt in sich die Archaik vieler Jahrtausende und schlägt ihre kommunikative Brücke bis in die Jetzt-Zeit hinüber.“ Emanuel Pahud wird das Werk, die sich auf Anselm Kiefers A.E.I.O.U. bezieht, uraufführen.
Marie Luise Maintz
(aus [t]akte 1/2013)