Zwei Uraufführungen von Stücken Charlotte Seithers waren bei „MaerzMusik“ Berlin und in der Villa Concordia Bamberg zu hören: Erkundungen und Grenzüberschreitungen mit dem Ensemble musikFabrik und PianoPercussion Berlin.
In Running circles für zwei Klaviere und zwei Schlagzeuge lässt Charlotte Seither die Grenzen der vier Instrumente zueinander verwischen, so dass ein Quartett aus Perkussionsinstrumenten entsteht. Der Komponistin, die schon in Schwebende Verse mit einer Klavier-Schlagzeug-Kombination gearbeitet hat, geht es dabei weniger um ein vordergründig perkussives Muskelspiel als vielmehr um einen geistreichen Dialog der Klangfarben und ein räumliches Korrespondieren der Akteure. Es entsteht ein quadrophones Spiel aus Gesten und Zeichen: „Beide Stimmgruppen, Klaviere und Schlagzeuge, schließen sich zu einem fraktal durchmischten Klangraum zusammen, in dem die entstehenden Klänge nicht immer eindeutig dem Klavier oder Schlagzeug zugeordnet werden können. Das Stück greift auf ein relativ reduziertes Material zurück, das von abwärts strebenden, sich immer wieder verschränkenden Glissandi dominiert wird („running circles“). Gleichwohl spielt die Verschmelzung der einzelnen Aktionen, der übergeordnete Zusammenfluss der Linien und Farben über die vier Instrumente hinaus, eine wichtige Rolle. Das Klangbild erscheint teilweise fast elektronisch, obwohl die Klänge stets nur auf akustischem Weg erzeugt werden.“
Das Spiel mit einer Wahrnehmungsverschiebung, ein Umklappen oder Austauschen des klanglichen Arsenals wird in Charlotte Seithers Chercher le chien für sieben Instrumente zum kompositorischen Thema. Ein Ensemble aus Bassflöte, Bassklarinette, Posaune, Violine, Viola, Violoncello und Klavier entwickelt zunächst einen Diskurs über das Glissando der Posaune. Doch allmählich verschiebt sich die klangliche Szenerie und moduliert unmerklich, doch unaufhaltsam ins Geräuschhafte. Am Schluss stehen flächige, rasterartige Holzklänge, erzeugt von vier Nebeninstrumenten in schnarrenden, klappernden Lauten. Die Instrumente verlassen eine Spielebene mit ganz subtilen, weichen Übergängen, und es öffnet sich nach und nach eine ganz neue Szenerie. Dieser neue klangliche Raum erscheint statisch und ist doch aus kleinsten, atomaren Bewegungen erzeugt. „Mich interessiert diese Virtuosität auf der Mikroebene. Je weiter ich von dem Klangfeld entfernt bin, desto statischer ist der Eindruck, jedoch entdeckt das Ohr nach und nach diese kleinsten Bewegungen. Am Schluss steht eine warme, schöne Klangfläche mit Rasterungen, die nicht ornamental sind. Diese Fläche ist ein relevanter, formbildender Teil der Arbeit“, so die Komponistin.
Marie Luise Maintz
(aus [t]akte 1/2014)