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Woanders kreativ sein. Ein Gespräch mit Charlotte Seither

Weitere Informationen zu Charlotte Seither

Komponiert man an einem anderen Ort anders als zu Hause? Charlotte Seither spricht über ihre Erfahrungen bei Stipendienaufenthalten.

Johannes Brahms hat manches Werk in der Sommerfrische komponiert. Dvorák, Honegger und Krenek waren Eisenbahn-Enthusiasten. Viel unterwegs ist auch Charlotte Seither. Erst kürzlich ist sie von einem Aufenthalt der Fondazione Bogliasco in Italien zurückgekehrt. Gibt es kreatives Unterwegssein? Michael Töpel stellte der Komponistin einige Fragen.

Welche „kreative Ernte“ haben Sie Ende 2014 in Ligurien einfahren können? Wer hatte Sie dorthin eingeladen und was werden Sie vor allem in Erinnerung behalten?

Charlotte Seither: Eingeladen hatte die Fondazione Bogliasco, eine in New York ansässige Stiftung, die ein Studienkolleg für Kunst und Literatur an der Ligurischen Küste unterhält. In einer eindrucksvollen Villa direkt am Meer leben zehn Fellows aus unterschiedlichen Ländern. Als spannend empfand ich die amerikanische Tradition des Evening Dinners, bei dem die Stipendiaten täglich – die Herren in Krawatte, die Damen wohl gekleidet – ein gehobenes Abendessen mit Butler im Salon miteinander einnehmen. Ich habe dabei viel über die amerikanische College-Kultur gelernt, insbesondere über ihre wunderbare Kultur der Kommunikation. 

Daheim steht alles zum Schreiben bereit. Was erwarten und brauchen Sie als kreativer Mensch woanders?

Ich mache oft die Erfahrung, dass die äußere Umgebung mitunter gar keine so große Rolle spielt. Ich kann sogar im Zug, an den Arbeitstischen der DB Lounge oder im Hotelzimmer komponieren, wenn ich Bleistift und Radiergummi, das richtige Notenpapier und eine gute Unterlage habe, vor allen Dingen aber: den richtigen inneren Druck. Davon unabhängig gibt es sie natürlich schon, jene Orte, die eine große imaginative Kraft haben, weil sie einen mit der Natur verbinden. In Bogliasco habe ich beim Arbeiten direkt auf das Meer blicken können. Das macht schon sehr stark.

Woanders kreativ sein: Reizt Sie vor allem die Möglichkeit, eine Art Zeitinsel zum Schreiben nutzen zu können oder genießen Sie vor allem das Glück, die Leichtigkeit, vorübergehend fern von manch Alltäglichem zu sein, was einem ansonsten zuflüstert: „Erledige mich“?

Beides. Ich erlebe das „Entkontextualisiert-Sein“ in der Ferne als sehr anregend, insbesondere, wenn es auch mit einer anderen Sprache verbunden ist. Wenn ich den ganzen Tag Italienisch rede, denke ich anders. Ich mag es sehr, wenn sich auch die äußeren Umstände verändern: Landschaft, Menschen, Sprache, Essen, Wohnung, Kommunikation, und lasse mich gerne auf andere Bedingungen ein. Außerdem ist es oft sehr gewinnbringend, ein genaues Ziel vor Augen zu haben, also: In diesen vier Wochen möchte ich dies und jenes fertigstellen.

Glauben Sie an inspirierende Orte oder Umgebungen, wo sich kreative Entscheidungen aufgrund von „Unterwegs-Anregungen“ ergeben oder bereits getroffene durch die neue Umgebung verändert haben?

Ja. Es gibt Orte, die einen „aufnehmen“ und in denen man ein Teil der Natur wird. Wald, Meer, Berge – davon geht schon eine große Kraft aus. Davon unabhängig: Viele meiner Werktitel entstanden in der unmittelbaren Umgebung, in der ein Werk entstanden ist. L‘uno dall‘altro für Orchester habe ich in Venedig geschrieben. Das Streichtrio aus Bogliasco wird Dove vai? heißen. Aber auch nach einem Stipendienaufenthalt wirkt der „Geschmack“ eines Sprachraums mitunter noch lange weiter. Seeds of noises entstand in Los Angeles. Es ist sehr schön, bestimmte Stücke (innerlich) immer auch mit den Orten zu verbinden, an denen sie entstanden sind. Viel wichtiger sind oftmals aber gerade auch die menschlichen Begegnungen. Man diskutiert mit Kollegen und erhält neue Denkansätze, die man aus dem eigenen Metier so nicht unbedingt schöpfen würde. In Bogliasco habe ich viele gute Impulse erhalten von der sehr reflektierten Arbeit einer New Yorker Choreografin des Modern Dance. Wer weiß, was sich daraus einmal noch entwickeln wird …

(aus [t]akte 1/2015)

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