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Von Fehlern und Vermutungen gereinigt. Antonín Dvořáks VIII. Symphonie

Antonín Dvořák

Symphonie Nr. 8 in G. Hrsg. von Jonathan Del Mar. Bärenreiter-Verlag. BA 10418. Partitur und Aufführungsmaterial käuflich

In den vorhandenen Ausgaben ist Antonín Dvořáks VIII. Symphonie in vielen Details fehlerhaft überliefert. Mit Jonathan Del Mars Neuedition liegt jetzt eine Ausgabe vor, die ein Höchstmaß an Verlässlichkeit bietet.

Antonín Dvořáks heitere, fröhliche VIII. Symphonie ist seit Langem als die fehlerhafteste des Orchesterrepertoires berüchtigt. Diese unglückliche Situation hat sich auch mit späteren Ausgaben nicht geändert.

Aber die Aufgabe bei der Herausgabe dieses wunderbaren Stückes war nicht etwa nur die Korrektur  offensichtlicher Fehler. Es liegt uns nun die handschriftliche Stichvorlage vor. Sie wurde 1964 bei Novello im wahrsten Sinne des Wortes im Papierkorb entdeckt. Auf der Titelseite trägt sie in Dvořáks Handschrift die Worte „Kopie meines Originals“. Zieht man die Stichvorlage zurate, wird klar, dass viele Lesarten, die uns aus der Erstausgabe bekannt sind und die von späteren Ausgaben übernommen wurden, eigentlich Kopistenfehler sind, die jedoch einen erheblichen Einfluss auf den Notentext haben.

Wie zu erwarten, handelt es sich bei den meisten Fehlern um kleine Details. Gelegentlich kann jedoch auch eine kleine Nuance eine Passage nachhaltig verändern, beispielsweise in den beiden Takten, die im ersten Satz das zweite Thema in h-Moll einführen. Wiegende Figuren aus Triole und Duole in Flöte und Klarinette werden von abfallenden gebundenen Oktaven in den ersten Violinen abgelöst, gefolgt von den zweiten Violinen. Im letzten Takt (Takt 76) wird dies in den Bratschen wiederholt. Diese Wiederholung wurde bisher auch immer gebunden gespielt – eine reine Vermutung des Notenstechers, da der Kopist vergessen hatte, das von Dvořák notierte Staccato zu übernehmen. Hier bietet sich uns nun ein einnehmender Beginn des neuen Themas, das ähnlich lebhafte Oktavauftakte bei den Flöten und der Klarinette aufweist.

Die erstaunlichste Entdeckung betrifft jedoch das Ende der Durchführung im gleichen Satz. In einem Fortissimo-Abschnitt in e-Moll (Takt 207ff.) bringen die Violinen eine drängende, emphatische Version des vormals ruhigen Flötenthemas zu Gehör, das nun jeden zweiten Takt um einen Ton aufsteigt. Im zweiten Takt jedes Taktpaares mit seinem stockenden punktierten Rhythmus waren in der ersten und zweiten Takthälfte immer die gleichen Noten zu hören – und zwar seit Einführung des Motivs durch die Flöte in Takt 19. Dvořák hat jedoch etwas Anderes, und die bekannte Version war lediglich eine unmotivierte Vermutung des Kopisten. Es erscheint jedoch nicht nur erstaunlich, was Dvořák geschrieben hat, da es das ansonsten gleichförmige Motiv umstößt. Wir wissen, dass Dvořák das Werk unter Verwendung des veröffentlichten Materials zweimal selbst dirigiert hat.

Es ist kein Geheimnis, dass Komponisten, die eigene Werke dirigieren, oft größeren Wert auf die Gesamtwirkung und den Schwung des Stückes legen als auf kleine Details. Möglicherweise hat Dvořák die Ungenauigkeiten übersehen oder ihn haben die Diskrepanzen der Noten, die er hörte, nicht übermäßig gestört.

Jonathan Del Mar
(aus [t]akte 1/2018)

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