Nach der Edition von Werken Beethovens und Elgars wendet sich der englische Musikwissenschaftler Jonathan Del Mar nun, nach dem Cellokonzert, zum zweiten Mal einem Werk Antonín Dvořáks zu. Die 7. Symphonie ist soeben erschienen.
„Nun bin ich mit einer neuen Symphonie in Beschlag genommen; wo immer ich gehe und stehe, habe ich nichts anderes im Kopf als dieses Werk, das die Welt bewegen soll und, so Gott will, auch bewegen wird.“ Dies schrieb Antonín Dvořák zu seiner 7. Symphonie.
Mit der Neuausgabe bei Bärenreiter liegt nicht nur erstmals eine der großen Symphonien Dvořáks in einer kritischen Neuausgabe von Jonathan Del Mar vor, der bereits mit seinen Editionen von Dvořáks Cellokonzert (BA 9045) sowie Werken Beethovens und Elgars internationale Anerkennung erlangt hat: Es ist überhaupt die erste Urtext-Ausgabe dieses Hauptwerks. Die neue Edition setzt höchste wissenschaftliche Maßstäbe, ohne die praktischen Bedürfnisse heutiger Musiker aus den Augen zu verlieren.
Antonín Dvořáks kompositorische Aktivitäten waren in den 1880er Jahren in beachtlichem Umfang durch eine sich steigernde und sehr fruchtbare Beziehung zu England und dessen musikalischen Institutionen bestimmt. Seine neun beruflich bedingten England-Besuche waren allesamt von hochgradigen Aufführungen begleitet und galten in fünf Fällen gewichtigen Uraufführungen. So auch im Falle der 7. Symphonie, die im August 1883 von der Royal Philharmonic Society in Auftrag gegeben und am 22. April 1885 unter der Leitung des Komponisten uraufgeführt wurde. Ungeachtet des offenkundigen Publikumserfolgs bei der Uraufführung der Symphonie nahm Dvořák nach einem Treffen mit Hanslick und Simrock am 4. Juni 1885 in Karlsbad, bei dem das Werk diskutiert wurde, eine größere Revision vor, die sich vor allem auf den langsamen Satz richtete. Denn der zweite Satz – ursprünglich mit der Tempovorschrift „Andante sostenuto“ versehen – war in der Fassung seiner Uraufführung deutlich länger als heute geläufig. Dvořák strich 40 Takte in Durchführung und Reprise und in dieser kürzeren Form wurde die Symphonie gedruckt und bis heute ausschließlich aufgeführt. Da sich die aus dem Autograph entfernten Seiten erhalten haben und sich die Komposition in ihrer ersten Fassung als so interessant erweist, dass sie ins Bewusstsein und in die Praxis zurückgebracht werden sollten, sind sie im Anhang zur Partitur und den Stimmen erstmals veröffentlicht.
Der Ausgabe liegen folgende Quellen zugrunde: Das Autograph (Tschechisches Musikmuseum Prag), das Revisionen und Korrekturen von verschiedenen Händen aus einem Zeitraum bis Ende September 1885 aufweist, die Erstausgaben der Partitur, der Orchesterstimmen sowie der Bearbeitung für Klavier zu vier Händen, veröffentlicht bei N. Simrock, Berlin, im Oktober 1885. Da etliche Verbesserungen des Autographs nicht in die Fahnen der Druckausgabe übernommen wurden, bietet es hinsichtlich kleiner Details nicht die endgültige Fassung des Werks. Außerdem differiert der Notentext der gedruckten Stimmen von demjenigen der Partitur und basiert offenbar auf nicht erhaltenen handschriftlichen Stimmen, die bei der Uraufführung verwendet wurden. Diese Umstände erhöhen den Quellenwert der Erstausgabe der Partitur. Wo immer möglich, wurden Eigenarten von Dvořáks Notation, Nomenklatur, Schlüssel, Schreibweise der dynamischen Angaben und Gruppierung der Noten beibehalten.
BP
(aus [t]akte 1/2013)