Alte Musik heute. Geschichte und Perspektiven der Historischen Aufführungspraxis. Ein Handbuch. Hrsg. von Richard Lorber. Bärenreiter-Verlag 2023. BVK02520. 413 Seiten. € 39,99.
Das Handbuch zeichnet die Tendenzen des Umgangs mit „Alter Musik“ und informiert konkret und detailreich über die verschiedenen Richtungen der Historischen Aufführungspraxis. Es betrachtet typische Erscheinungsformen der Szene, analysiert das Verhältnis zwischen Musikforschung und Musikbetrieb und nimmt die sozialen Bedingungen von Musikern in den Blick. Ergänzt werden die von renommierten internationalen Autorinnen und Autoren verfassten Sachkapitel durch vierzehn Interviews mit Leitfiguren der Alte Musik-Szene: Gustav Leonhardt, Jordi Savall, René Jacobs, Philippe Herreweghe, Benjamin Bagby, Reinhard Goebel, Peter Phillips, Christophe Rousset, Andrea Marcon, Dorothee Oberlinger, Katharina Bäuml, Dorothee Mields, Chouchane Siranossian und Valer Sabadus.
Kordula Knaus: Musikgeschichte „Barock“. Bärenreiter Studienbücher Musik, Band 24. Bärenreiter-Verlag 2023. BVK02457. 223 Seiten. € 27,50.
Vielseitige musikalische Aktivitäten prägten die eineinhalb Jahrhunderte ab 1600, die heute als „Barockzeit“ gelten. Repräsentative Opern- und Ballettaufführungen wurden zu fürstlichen Hochzeiten inszeniert, Glaubensbotschaften in geistlichen Werken musikalisch vermittelt oder erste öffentliche Konzerte für ein breiteres Publikum veranstaltet. Das Buch nimmt vielfältige Facetten barocker Musik in den Blick. Finanzierungsfragen und Veranstaltungsformen kommen dabei ebenso zur Sprache wie die Entstehung neuer Gattungen, die Virtuosität von Gesangsstars oder die Frage, auf welchen Instrumenten Musik damals gespielt wurde.
Felix Diergarten: Anton Bruckner. Ein Leben mit Musik. Bärenreiter-Verlag/Verlag J.B. Metzler 2023. BVK02507. 240 Seiten. € 29,99.
Zum 200. Geburtstag von Anton Bruckner am 4. September 2024 legt Felix Diergarten die lang erwartete, grundlegend neu recherchierte Biographie des Komponisten vor. Zugänglich und anschaulich geschrieben, werden alte und neue Bruckner-Bilder anhand der Quellen überprüft. Jedes der 25 chronologisch angeordneten Kapitel greift auch ein bestimmtes Werk Bruckners auf und macht so erfahrbar, wie sich Bruckners Kompositionen in seine Lebenswelten fügen.
Oliver Vogel: Erik Satie. Der skeptische Klassiker. Bärenreiter/J.B. Metzler 2024. BVK04008. 600 Seiten. € 59,99.
Erik Satie gilt allgemein als eine Ikone der Moderne. Der auf dem Montmartre sozialisierte Musikpionier wird als ein Fragender präsentiert. In skeptischer Absicht schärfte er seinen Humor, um, wo es nottat, auch seine Zeitgenossen nach sokratischer Manier zu prüfen. Unbefangen stellte er sich nach Art eines Amateurs immer wieder neuen Herausforderungen. Vom autoritären Zug der musikalischen Tradition dagegen nahm er Abstand, ohne doch den Anspruch aufzugeben, gelegentlich – in Resonanz mit den anderen Künsten – klassische Modelle vorzulegen. Vom Symbolismus bis zum Dadaismus wirkte er inmitten der Besten, weswegen diese neue Biographie zugleich auch in die Mitte des Pariser Künstlerkosmos eintaucht.
Stefan Weiss: Musikgeschichte Moderne und Postmoderne. Bärenreiter Studienbücher Musik, Band 23. Bärenreiter-Verlag 2023. BVK02460. 238 Seiten. € 27,50.
Eine Vielfalt von Stilen entwickelte sich ab etwa 1900 – diese Pluralität zeichnet „Moderne“ wie „Postmoderne“ aus. Während bisher vor allem die Geschichte der hochkulturellen Tonkunst geschrieben wurde, geht Stefan Weiss einen anderen Weg: Er stellt Jazz und Rock gleichberechtigt neben die Neue Musik und schildert das Spannungsfeld von Werten und Ideologien, Popularität und Hermetik, stellt Medien und Orte des Musiklebens vor, geht aber gleichermaßen auch auf die Musik selbst ein. Mit ausführlichen Werkbesprechungen lädt der Band zu Entdeckungsreisen in die unterschiedlichen musikalischen Welten seit 1900 ein.
Peter Gülke: Von geschriebenen Noten zu klingenden Tönen. Bärenreiter/J.B. Metzler 2024. BVK04021. 294 Seiten. € 39,99.
Alfred Brendel nannte Peter Gülke einmal „den sehr seltenen Fall eines praktischen Musikers, der zugleich Musikwissenschaftler ist und dazu ein Literat von hohen Graden“. Gülkes neues Buch ist dementsprechend primär aus der Perspektive des Praktikers, des „denkenden Dirigenten“, verfasst. Es kreist um die Grundsatzfrage nach der Verwandlung komponierter, geschriebener Musik in Klang durch die Kunst der Interpretation. Zentrales Thema ist die Betonung erlebter statt nur gelesener, „architektonisch“ verstandener Musik. Es wird anhand vielfältiger eigener Erfahrungen des Dirigenten Gülke, aber auch anderer Interpreten und in der konkreten Darstellung von Kompositionen behandelt. Dabei bietet Gülke immer wieder faszinierende Perspektivenwechsel an, etwa indem er zeigt, wie sehr hochartifizielle Musik von purem Klangdenken durchzogen sein kann oder wie die Grenzen zwischen Komposition und Interpretation verschwimmen, wenn improvisatorische Elemente von Komponisten aufgegriffen und in Noten verwandelt werden.
(aus [t]akte 1/2024)