Silke Leopold: „Ein Mann von vielen Witz und Klugheit“. Leopold Mozart. Eine Biografie. Bärenreiter-Verlag. BVK 2086. 280 Seiten. € 29,99.
Was wüssten wir heute von Leopold Mozart, wenn er nicht der Vater seines Sohnes gewesen wäre? Sein rechtswissenschaftliches Studium hatte er abgebrochen, er wurde Kammerdiener und Musiker, schaffte es aber nie nach ganz oben, als Autor der vielgelesenen „Gründlichen Violinschule” erlangte er schließlich einige Bekanntheit: Leopold Mozart würde ohne seinen Sohn wohl in der Masse der vielen Musiker seiner Zeit untergehen. Die Frage kann aber auch andersherum gestellt werden: Was wäre aus Wolfgangus Theophilus geworden, wenn er einen anderen Lehrmeister gehabt hätte? Wenn der Vater nicht die Jahrhundertbegabung dieses Kindes erkannt und sein Leben fortan der Förderung seines Sohnes gewidmet hätte? Und natürlich ist Leopold Mozart viel mehr als nur der Vater seines Sohnes. Davon erzählt diese Biografie zum 300. Jubiläum. Am 14. November 1719 wurde Leopold Mozart hineingeboren in eine Zeit, in der die alten Herrschaftsverhältnisse und konfessionellen Schranken ebenso beharrlich verteidigt wurden wie sie brüchig geworden waren.
Leopold Mozart verstand sich als ein Mittler zwischen den Welten – ein Jesuitenschüler, der mit Protestanten Freundschaften schloss, ein Bürgersohn, der dem Adel diente, ein Geiger, der als Schriftsteller zu reüssieren hoffte. Und er war ein Mann, der mit offenen Augen durch die Welt reiste, voller Neugier auf alles: auf Religion und Medizin, auf Esskultur und Trinkgewohnheiten, auf Mode und Hygiene, auf Landschaft und Klima und vor allem auf die Menschen, die ihm begegnet sind. In Briefen offenbart sich Persönliches und Familiäres; sie sind darüber hinaus eine Fundgrube zu Lebenswelt und Alltagsgeschichte seiner Zeit. Über sechzig farbige Abbildungen machen diese Zeit anschaulich und lassen den Leser eintauchen in Mozarts Welt.
Hans-Joachim Hinrichsen. Ludwig van Beethoven. Musik für eine neue Zeit. Bärenreiter-Verlag / Verlag J.B. Metzler. BVK 2072. 380 Seiten. € 39,99.
Beethoven komponierte seine Musik für „die neue Zeit“. An den geistigen Strömungen seiner „revolutionären“ Epoche nahm er intensiv Anteil: Sie bilden die Grundlage seiner musikalischen Botschaften, nicht nur in der Vokalmusik, sondern auch seiner Instrumentalmusik, die uns bis heute bewegen und zu denken geben.
In zwölf Kapiteln erzählt Hans-Joachim Hinrichsen die lebensgeschichtlichen Stationen Beethovens und beschreibt die tiefere kompositorische und gedankliche Entwicklung des Komponisten. Er zeigt dabei, wie Beethoven die modernen, von Kant geprägten Ideen moralischer Selbstbestimmung oder einer vernunftgeleiteten Religiosität in Musik umsetzt. Entstanden ist damit ein neues, faszinierendes Porträt des Komponisten und seiner Musik, aber auch ein Panorama der geistigen Welt, in der sich Beethoven bewegte.
Ein Buch nicht nur für Musikkenner, sondern auch für alle an Kultur- und Geistesgeschichte Interessierte.
Sergio Morabito: Opernarbeit. Texte aus 25 Jahren. Bärenreiter-Verlag / Verlag J.B. Metzler. BVK 2094. 320 Seiten. € 28,99.
Sergio Morabito war der Stuttgarter Oper fünfundzwanzig Jahre lang als Dramaturg und Regisseur verbunden; seine Arbeit wurde vielfach ausgezeichnet. In diesem Buch gibt Morabito Einblicke in die Praxis des Operndramaturgen und -regisseurs. Er setzt sich mit wichtigen Werken des Opernrepertoires auseinander und zeigt dabei, was als sein Markenzeichen gelten kann: die Vermittlung von wissenschaftlicher Erkenntnis mit künstlerischer Freiheit, ästhetischer Praxis mit analytischer Verbindlichkeit.
Der erste Teil des Buches ist grundsätzlichen Fragen der Operndramaturgie gewidmet, im zweiten Teil stellt Morabito dramaturgische Überlegungen zu einer Fülle von Opern an, die am Stuttgarter Haus inszeniert wurden. Hinzu kommen Texte, die ästhetische und kulturelle Zusammenhänge werkübergreifend entfalten, beispielsweise zur romantischen Primadonnen-Oper.
Fotos von Aufführungen, die Sergio Morabito im Regieteam mit Jossi Wieler und Bühnenbildnern wie Anna Viebrock oder Bert Neumann realisiert hat, ergänzen die Publikation.
Handbuch Aufführungspraxis Sologesang. Hrsg. von Thomas Seedorf. BVK 2345. Bärenreiter-Verlag 2019. 500 Seiten. € 69,–.
Wie singt man ein Lautenlied von John Dowland? Wo ist ein Portamento angebracht? Was bedeutet „cercar della nota“? Darf man Schubert-Lieder verzieren? Und wie viel Spielraum haben Interpreten und Interpretinnen in Vokalwerken der Neuen Musik? Das Handbuch gibt Antworten auf diese und viele andere Fragen.
Gegliedert nach Jahrhunderten, stellt es die Vokalpraxis von etwa 1600 bis zur Gegenwart vor: In systematischer Weise erschließt es zunächst Aspekte wie Stimmtypen, Gesangsästhetik, historische Aussprache, Ornamentik und Deklamation – stets mit Bezug auf die zeitgenössischen Quellen. Darauf folgen kommentierte Beispiele aus den verschiedenen Gattungen der jeweiligen Zeit, die das Spektrum vokaler Gestaltungsmöglichkeiten verdeutlichen und so Interpreten von heute die Grundlagen für die eigenen künstlerischen Entscheidungen an die Hand geben.
Das Handbuch, verfasst von acht Spezialisten, wendet sich ebenso an Sänger und Gesangspädagogen wie an alle, die sich für Historische Aufführungspraxis interessieren.